Sie sind die ersten Wirbeltiere, die vor 400 Millionen Jahren aus dem Wasser stiegen und dauerhaft auf dem Land lebten. Und sie vollziehen diese Wandlung, den Schritt vom Wasser zum Landtier, noch heute in jedem einzelnen Leben nochmals nach, wenn sie sich von der Kaulquappe zum Frosch, von der Larve zum Molch verwandeln: Amphibien.
Unter diesem abstrakt feuchten Begriff, verbirgt sich eine Gruppe von Lebewesen, die buchstäblich schwierig zu fassen ist und die vielleicht gerade deshalb zu den erstaunlichsten Erscheinungen unserer Fauna gehört. Aus der Nähe betrachtet erscheinen Amphibien denn auch als absolut faszinierende Aliens: fremd und vertraut in einem. Unsere hautnahen Videoaufnahmen zeigen es.
Frösche sezieren gehörte zum Unterricht
In der aufstrebenden Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg musste jeder Gymnasiast im Biologie-Unterricht einen Grasfrosch sezieren. So etwas ist heute unvorstellbar: Sei es aus Ekel und Protest der Schüler und Schülerinnen vor der kalten, glibberigen Tierleiche, sei es aus ethischen Gründen und auch weil das inzwischen sowohl Tierschutz- wie auch Naturschutzgesetze verbieten.
Aber es gab damals so viele Frösche, sie vermehrten sich scheinbar unerschöpflich und gehörten zu den niederen Lebewesen, die nicht wie wir leidensfähig sind. Ihre Anatomie – vorab die muskulösen Beine und auch ihre inneren Organe – gleichen denjenigen des Menschen. Ideale Anschauung also. So wusste von den 1950er bis in die 1970er-Jahre wohl jeder höhere Schweizer Mittelschüler nur allzu gut, was ein Frosch ist.
Dramatischer Rückgang bleibt schleierhaft
Heute, etwas mehr als 40 Jahre später, hat sich diese Wirklichkeit total verändert. Frösche treten allenfalls noch als grasgrüne Comicfiguren mit freundlichen Glupsch-Augen in der Werbung oder im Kinderzimmer auf. Oder im altbackenen Märchen «Der Froschkönig».
Aber sonst weiss man in der Öffentlichkeit über Amphibien erstaunlich wenig. Und auch in der Wissenschaft sind vor allem neue Entwicklungen aus dem Leben unserer Amphibien unbekannt. So ist zwar ihr Niedergang, der kontinuierliche Verlust ihrer Laichplätze in Flussauen, in Feuchtgebieten der Agrarlandschaften oder in vielen kleinen Kiesgruben gut dokumentiert. Aber was genau der Grund für den dramatischen Rückgang der meisten Arten in der Schweiz ist, durch den inzwischen 14 von 18 erfassten Arten in der Schweiz als gefährdet gelten, bleibt diffus.
Immerhin hat man für Amphibien viel getan: Unterführungen unter Wald- und Landstrassen verhindern heute grösstenteils die Froschmassaker durch den Autoverkehr in Frühlingsnächten. In vielen Gärten hat man Biotope angelegt: Teiche als Laichplätze für Amphibien. Es gibt Moor- und Naturschutzgebiete im Land. Und in einzelnen, erfolgreichen Wiederansiedlungs- und Naturschutzprojekten gelang es, sogar stark gefährdete Arten wie den Laubfrosch regional zu stabilisieren.
Auf der anderen Seite sind ganze, einst starke Populationen grossflächig verschwunden. Siedlungen und Industriegebiete dehnen sich ständig aus. Die Industrialisierung der Landwirtschaft, die Trockenlegung der Agrargebiete, das Verschwinden von Landschaftselementen als Stützpunkte der Artenvielfalt schreitet insgesamt laufend fort.
Biodiversitätsforscher haben in diesem Frühjahr 2015 erschreckende Zahlen publiziert. Mit dabei die Amphibien. Man weiss nicht einmal genau, wie sich giftige Pestizide, die in der Landwirtschaft grossräumig auf die Kulturen versprüht werden, auf einheimische Amphibien auswirken … weil das nie öffentlich untersucht wurde. Warum wohl nicht?