Frankreichs Junge leiden besonders stark unter der Wirtschaftskrise. Ein Viertel der unter 25-jährigen haben keinen Job. Sie sind ausserdem besonders sensibel dafür, dass ihr Land international an Einfluss verloren hat und immer weniger als «Grande Nation» dasteht.
Für junge Franzosen war Nationalstolz schon immer ein wichtiger Antriebs-Motor. Als ich in den 80er Jahren in Montpellier studierte, waren meine französischen Kommilitonen stolz darauf, dass ihr Land zu den Siegermächten im Zweiten Weltkrieg gehörte, dass sie dank General de Gaulle letztlich auf der richtigen Seite gestanden hatten.
Ghettos und veraltetes Bildungssystem
Wir Deutsche bewunderten die jungen Franzosen für ihre Lässigkeit und Gewandtheit. Wir hatten den Eindruck, sie kämen mit dem Leben besser klar als wir. Heute sieht das ganz anders aus. Das französische Bildungssystem mit seinen Elite-Schulen wirkt veraltet. Lehrstellen gibt es viel zu wenige. In den Vorstädten von Paris oder Marseille haben sich Ghettos gebildet, in denen viele schon ganz jung in den Drogenhandel abgleiten.
Frankreich erneuern wollen viele Junge, nur auf welche Weise? Da gehen die Vorstellungen komplett auseinander. In unserem Film haben wir fünf junge Franzosen über mehrere Monate begleitet.
Nicolas kämpft in den Reihen des Front National
Besonders viele junge Leute zieht der rechtspopulistische Front National an. Unter den Anhängern von Marine Le Pen ist der 26-jährige Nicolas, den wir in der Nähe von Amiens getroffen haben. Er ist Feuer und Flamme, wenn die Präsidentschafts-Kandidatin des Front National den Austritt aus Europa und die Rückkehr zum französischen Franc verspricht. Er glaubt ihr, wenn sie sagt, nur so könne Frankreich seine verlorene Grösse zurückgewinnen. Dafür ist er bereit zu kämpfen.
Justine gehört zur Bewegung «En Marche!»
Wichtigster Gegenspieler von Marine Le Pen ist Emmanuel Macron mit seiner Bewegung «En Marche!». Er siedelt sich im politischen Zentrum an. Für ihn macht Justine Wahlkampf. Sie will genau das Gegenteil von Nicolas: ihr Land soll in Europa bleiben und die europäische Einigung weiter vorantreiben. Justine meint, dass die Öffnung gegenüber anderen Ländern langfristig Vorteile bringt.
Jallal will Ausbildungsplätze
Die dringenden Sorgen der jungen Leute, wie zum Beispiel der Mangel an Ausbildungsplätzen oder die soziale Benachteiligung der Jugendlichen aus den Ghetto-Vierteln, kommen in der Wahlkampagne aber nur am Rande vor. Deshalb haben manche Junge, so wie Jallal in Marseille, auch entschieden, bewusst nicht zur Wahl zu gehen, als Zeichen dafür, dass sie den Politikern generell misstrauen.
Sébastien schafft eine bessere Welt
Sébastien hat entschieden, sein Land auf seine Art voranzubringen. Er will eine bessere Welt schaffen «hier und jetzt». Dafür hat er sich der Permakulturbewegung angeschlossen. Diese Bewegung will einen grundsätzlichen Wandel der Gesellschaft basierend auf ökologischen Prinzipien. Es geht auch darum, soziale Beziehungen besser und nachhaltiger zu gestalten.
Einen Präsidenten brauchen die Permakultur-Anhänger eigentlich gar nicht. Aber am Ende geht Sébastien doch zur Wahl...
Clément im Strudel von Fillons Affären
Für Clément ist diese Wahlkampagne ganz besonders hart. Er ist in den Strudel der Affären des konservativen Kandidaten François Fillon geraten. Dabei versucht er, Stand zu halten so gut er kann. Doch am Ende kommen auch ihm Zweifel, ob Fillon wirklich der richtige Kandidat ist.