Zwei Jahre lang verstecken sich Otto Frank, seine Frau Edith und die beiden Töchter Margot und Anne sowie Hermann van Pels, seine Frau Auguste und Sohn Peter sowie Dr. Fritz Pfeffer im Hinterhaus in der Prinsengracht 263. Am 4. August 1944 meldet sich beim deutschen Sicherheitsdienst in Amsterdam ein anonymer Anrufer, der den Nazis von dem Versteck berichtet.
SS-Oberscharführer Karl Silberbauer verhaftet daraufhin die acht Untergetauchten in ihrem Versteck. Während der Zeit im Versteck versorgen vier Mitarbeiter Otto Franks die Menschen im Hinterhaus.
Die Helfer Miep Gies, Bep Voskuijl, Johannes Kleiman und Victor Kugler sind überzeugt, dass nur ein Verrat aus ihrem eigenen Umfeld die Gestapo auf die Fährte gebracht haben kann. Erst nach dem Krieg werden Untersuchungen eingeleitet. 1948 – ein halbes Jahr, nachdem Anne Franks Tagebuch auf Niederländisch erschienen ist – werden die ersten Zeugen vernommen.
Lagerarbeiter schnüffelt herum
Hauptverdächtiger ist lange Zeit der Lagerarbeiter Wim van Maaren. Er scheint den Verdacht zu haben, dass sich jemand nachts im Lagerhaus aufhält. Bereits in Annes Tagebuch wird der Mann erwähnt: «Er legt im Lager die Bücher und Papiere auf die äussersten Kanten», damit sie schon bei der leichtesten Berührung herunterfallen. Van Maarens Neugier fällt auch anderen Mitarbeitern auf. Bei der Befragung sagt Victor Kugler: «Dieser Mann schnüffelt ständig herum.» Er ist unter seinen Mitarbeitern nicht beliebt und stiehlt Waren aus dem Lagerhaus. Geldprobleme sprechen für ihn als möglichen Verräter und Kopfgeldempfänger.
Die Untersuchungen des Fahndungsdienstes sind nicht gründlich. Kugler wird zu seinem Verdacht nicht weiter befragt. Auch die Aussage eines weiteren Zeugen, zu dem van Maaren vor der Verhaftung gesagt haben soll, dass Juden im Hinterhaus versteckt seien, wird nicht verfolgt.
1963 wird der für die Verhaftung verantwortliche SS-Mann Karl Silberbauer in Wien ausfindig gemacht, aber seine Aussagen liefern keine neuen Erkenntnisse. Für seine Unschuld spricht, dass van Maaren keine Beziehungen zu den Deutschen pflegt und auch kein Kopfgeld für die versteckten Juden ausbezahlt wurde.
Verrat durch eine Frau?
Putzfrau Lena Hartog-Van Bladeren gerät durch eine Anne Frank-Biografie in den Kreis der Verdächtigen. In ihrem Buch «Das Mädchen Anne Frank» äussert Melissa Müller einen entsprechenden Verdacht. Grundlage dafür sind Zeugenaussagen, wonach der Anruf bei der Gestapo durch eine Frau erfolgt sein soll. Hartog-Van Bladerens Mann arbeitete als Lagerarbeiter in der Prinsengracht 263. Angeblich soll sie sich zudem Sorgen um die Sicherheit ihres Mannes gemacht haben, wenn er in einem Haus arbeitet, in dem Juden versteckt sind. Spätere Untersuchungen erbrachten allerdings keinen Beleg für Schuld von Lena Hartog-Van Bladeren.
Franks Kontakte mit einem Antisemiten
Der überzeugte Antisemit Tonny Ahlers geriet 2002 in den Verdacht, die beiden Familien und Dr. Fritz Pfeffer verraten zu haben. Grundlage ist das Buch «Otto Franks Geheimnis», das die englische Historikerin Carol Ann Lee verfasste. Ihren Verdacht gegen Ahlers belegt Carol Ann Lee durch mehrere Indizien. Durch Geschäftsbeziehungen hatten Ahlers und Otto Frank Kontakt. Tonny Ahlers soll einen Brief Otto Franks abgefangen haben, in dem Frank am Endsieg der Deutschen zweifelte und mit dem Ahlers ihn dann erpresste.
Ausserdem beruft sich Lee auf Aussagen von Tonny Ahlers' Sohn Anton, der sich angeblich an ein Gespräch erinnert, in dem sein Vater am Telefon den Verrat zugab. Zu dem Zeitpunkt des Telefonats war Anton Ahlers jedoch nur sieben Jahre alt – über das Telefongespräch sprach er erst 50 Jahre später. Spätere Untersuchungen zweifeln an der Zuverlässigkeit der Erinnerungen Anton Ahlers'. Noch dazu war Tonny Ahlers als Angeber und notorischer Lügner bekannt, der sich möglicherweise gerne mit Kontakten zur inzwischen berühmten Familie Frank brüstete.
Viele mögliche Verräter
Bei näherer Betrachtung ist festzuhalten, dass viele Menschen das Versteck hätten verraten können. Das Hinterhaus ist von der Rückseite der umliegenden Häuser gut einsehbar.
Mehrmals wurde in der Zeit, in der die Familien Frank und van Pels untertauchten, im Lager eingebrochen. Nachtwächter oder Polizisten könnten Spuren der Versteckten entdeckt haben. Es ist aber auch möglich, dass sich die Untergetauchten selbst in einem unvorsichtigen Moment mit einem Blick durchs Fenster oder einem nächtlichen Gang durchs Lager verraten haben. Die Identität des Täters wird vermutlich für immer unbekannt bleiben.
Hintergründe, Interviews und das Making-of zum Film
Special zum Film «Meine Tochter Anne Frank»
Infos zum Dokudrama, zur Besetzung und zum Regisseur Raymond Ley. Interviews mit Anne Franks Cousin Buddy Elias und ehemaligen Schulfreunden.
«Liebe Kitty! Ich hoffe, dass ich Dir alles anvertrauen kann...»
Millionen von Menschen haben diesen ersten Satz von Anne Franks Tagebuch gelesen. Beinahe wären ihre Gedanken niemals veröffentlicht worden.