Es überrascht wenn man mit Weggefährten von Gerhard Pfister (54) über den CVP-Chef spricht: So sicher soll sich der Lenker der grössten Mittepartei der Schweiz in vielen Dingen gar nicht sein. Tritt der Politiker Pfister aber öffentlich auf, in der «Arena» bei SRF oder anderen Medien, auch im Nationalrat, dann spricht's aus ihm scharf und klar: Er weiss, wo Gott hockt.
Der Zweifler
Wo Gott hockt – genau das sei auch ihm unklar, erzählt er im persönlichen Gespräch. «Reporter» hat mit Pfister wenig über politische Details, aber viel über seine Haltung zum Leben, zu Gott gesprochen.
Und statt dass der einflussreiche Präsident der christlich-katholischen CVP – der einzigen Partei im Bundesrat, welche einen klar konfessionellen Hintergrund hat – ein klares Bekenntnis zu seinem Glauben abgibt, redet er von seinem Zweifel. Seinem Zweifel gar am Glauben schlechthin, der ihn in der schlimmsten Stunde seines Leben leider gar nicht habe helfen können.
Kugelhagel überlebt
Pfister war 2001 einer jener Zuger Kantonsräte, welche das Amok-Attentat von Laibacher überlebten. 14 Politiker starben im Kugelhagen des Täters, auch Pfisters guter Freund und Sitznachbar. Pfister überlebte – Zufall. Und nicht etwa göttliche Bestimmung. «Zum Weshalb gibt es keine Antwort, da hat mir der Glaube auch nicht geholfen», sagt Pfister. Und: «Das Leben geht nicht auf, es ist widersprüchlich.»
Sowieso: Auch mit Gott hadert der CVP-Präsident ein wenig, gibt er doch seinem Glauben an den Christengott auf einer Skala von eins bis zehn nur eine zögerliche fünf. «Ich habe Philosophie studiert», erzählt mir Pfister während einer Autofahrt, «und das ist der rationale Herausforderer des Glaubens. Wer sagt, er wisse die Wahrheit, macht etwas falsch.»
Wenn nötig: Dick auftragen
So gibt Pfister beim Besuch des Bundeshauses, wo er 2003 als Nationalrat für den Kanton Zug Einsitz nahm, unumwunden zu: Politik ist ein grosses Spiel.
Pfister, bekannt dafür, dass er selbst Parteifreunden immer mal wieder hart an den Karren fährt und sogar zu richtigen Temperamentsausbrüchen neigt, relativiert ein bisschen. Wer nämlich im Spiel um die Macht im Land mittun will, der muss auch mal dick auftragen.
«Man soll bei solchen Ausbrüchen auch das Kalkül dahinter nicht ganz negieren: Es ist auch mal nötig, einen groben Klotz reinzutun.» Sprich: Es geht schlicht auch um Strategie. «Aber ich gebe zu, manchmal würde ich es, wenn ich länger darüber nachdenke, anders formulieren.»
Seine Frau Franziska also hat schon Recht, wenn sie feststellt: Innerlich ist der CVP-Boss eher zögerlich. Er gibt seine Zweifel in Lebensfragen offen zu. Geht’s aber um die Politik, dreht er um. Dann ist Tacheles angesagt.