Kennen Sie das? Sie sitzen im Zug, der im Bahnhof steht, und warten auf die Abfahrt. Dann ein Blick aus dem Fenster: Bewegung ─ wir fahren. Wirklich? Nach Sekunden stellt sich heraus: Nicht wir fahren, der Zug gegenüber hat sich in Bewegung gesetzt.
Dieses Phänomen entsteht, weil die Sinnesorgane dem Hirn widersprüchliche Informationen liefern. Die Augen melden: «Wir fahren.» Der Gleichgewichtssinn teilt mit: «Wir stehen.»
Es gibt aber auch Illusionen, die andere Sinne betreffen ─ zum Beispiel den Tastsinn. Vier davon stellen die «Einstein»-Moderatoren Kathrin Hönegger und Tobias Müller hier vor.
Vier Experimente, die das Körperbewusstsein überlisten
1. Pinocchio-Illusion
Bei diesem Experiment wird die Nase länger – wie bei Pinocchio.Durch diese Nasenberührungen stellt sich das Gefühl ein, die Nase sei plötzlich länger. Die Wissenschaft erklärt dies so: Aufgrund früherer Erfahrungen ist es für das Gehirn unrealistisch, dass zwei gleiche Berührungsabläufe gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten stattfinden. Es geht deshalb davon aus, dass es sich um ein- und dasselbe Körperteil handelt.
2. Aristotelische Täuschung
Diese Illusion wurde erstmals vom griechischen Philosophen Aristoteles beschrieben – daher ihr Name.Der Stift zwischen den gekreuzten Fingern sorgt für Irritation. Neurologe Lukas Heydrich vom Inselspital Bern erklärt das so: «Wird ein Gegenstand mit gekreuzten Fingern berührt, werden die Aussenseiten beider Finger stimuliert.» Das komme unter normalen Bedingungen nur vor, wenn man zwei Dinge berührt. «Das Gehirn geht deshalb davon aus, dass es sich um zwei Gegenstände handelt.»
3. Tauber Finger
Diese Illusion kennen Sie vielleicht aus Ihrer Kindheit.Der Finger des Partners fühlt sich an wie der eigene – allerdings leblos oder wie «eingeschlafen». Weshalb ist das so? Dazu Neurologe Heydrich: «Das Gehirn erwartet, dass ich sowohl die Vorder- wie auch die Rückseite meiner Hand spüre. Weil dies nicht der Fall ist, wird der Finger als taub und zum Teil wie tot wahrgenommen.»
4. Illusion am Ellenbogen
Dieses Wahrnehmungs-Experiment ist auf Schweizer Pausenplätzen beliebt.Die meisten haben das Gefühl, der Finger habe die Ellenbeuge erreicht – obwohl er noch einige Zentimeter entfernt ist. Laut Forschern der Universität Zürich könnte das daran liegen, dass unser Gehirn durch Erfahrungen im Alltag schnellere Bewegungen auf der Haut gewohnt ist. Bei der unerwartet langsamen Bewegung im Experiment «denkt» es die Berührung der Ellenbeuge quasi vorweg. Die Forscher stellten auch fest, dass die Fehleinschätzung am dominanten Arm und bei Frauen generell kleiner ist. Frauen scheinen also eine empfindsamere Haut zu haben.