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Eine Schachtel mit frisch zu bereiteten Pommes Frites.
Legende: Warm und schnell gemacht: Pommes frites sind in Europa seit langem beliebt – und könnten laut Fachleuten in Asien mehr Marktanteile erobern. Reuters

Einstein Online Automaten-Pommes – eine unendliche Geschichte

Delikate Kartoffelstäbchen per Münzeinwurf und Knopfdruck? Noch dazu rund um die Uhr? Davon träumen Fastfood-Gastronomen seit mehr als zehn Jahren. Doch der Teufel steckt im Detail – und das Marktpotenzial ist nicht unendlich.

Die Angelegenheit scheint simpel: Eine gute Handvoll tiefgefrorener Kartoffelstäbchen hinein in eine Fritteuse mit siedendem Öl geben und solange auf 160 bis 175 Grad erhitzen, bis sie goldbraun sind. Kurz abtropfen, salzen und durch einen Schacht in eine Schale kippen – voilà; fertig sind die Automaten-Fritten. Warum also steht nicht an jeder Ecke eine Blechkiste mit Münzschacht, um die hungrige Bevölkerung für zwei oder drei Stutz pro Schale zu versorgen?

Versuche wie das System des Schweizer Bauern Ueli Maurer, über das «Einstein» berichtet, gab es reichlich. Im deutschen Ruhrgebiet waren solche Automaten vereinzelt schon vor über 20 Jahren zu sehen. Bei einer Recherche im Internet finden sich allerlei zahlreiche Beispiele von French-Fries-Automaten in unterschiedlicher Bauart (siehe Video unten). Und auch in der Schweiz sollten Pommes-Frites-Maschinen schon die Kassen klingeln lassen.

Dutzende Millionen Franken verloren

Zum Beispiel Mitte der 90er-Jahre, als das Westschweizer Unternehmen Tégé Patentrechte in den USA erwarb, Geld in die Hand nahm und begann, Automaten zu entwickeln, die aus Kartoffelpulver von Nestlé Pommes frites machen sollten. Neben der heiklen Frage, ob solche Rohstoff-Pressware beim Konsumenten auf Gegenliebe stösst, brachte der Fall auch andere Schwierigkeiten zum Vorschein.

Wie Charles Gebhard, seinerzeit Präsident des Verwaltungsrats, später gegenüber «Cash-TV» erklärte, standen die erwartbaren Einnahmen zu den Wartungs- und Unterhaltskosten in keinem Verhältnis, das zu schwarzen Zahlen geführt hätte. Das Projekt wurde 2001 endgültig aufgegeben; Dutzende Millionen Franken waren verlocht.

Technologie für eine knifflige Aufgabe

Erfahrungen, die auch Pietro Realini von Zweifel im Prinzip kennt. Heute Direktor Produktion und Logistik, war er vor mehr als 13 Jahren als Produktmanager dabei, als der Kartoffelchip-Fabrikant rund 20 Pommes-Frites-Automaten installierte, vorwiegend in Zürich und Umgebung. Zum Beispiel jenes berüchtige Gerät am Helvetiaplatz nahe der Partymeile Langstrasse: ein System, das die Pommes Frites mit heisser Luft röstete und auf Öl verzichtete.

Die Probleme mit diesem Garmedium waren schliesslich schon damals bekannt. Voraussetzung für den Erfolg eines Automaten ist Tempo: Soll die Maschine nicht wie in einem Imbiss in einer Viertelstunde, sondern innert Minuten heisse Pommes liefern, so erzählt Realini, «muss man das Öl 24 Stunden lang warm halten. Und weil es dann schnell ranzig wird, täglich wechseln». Frittieröl hätte also bedeutet: hohe Wartungskosten oder muffiger Geruch.

Der Standort als Erfolgsfaktor

Trotz der Heissluft-Technologie endete der Versuch nach wenigen Jahren als Flop, denn hoch frequentierte Plätze für solche Automaten sind rar. »In Zürich gibt’s vielleicht 30 gute Standorte«, sagt Realini. Der Automat nahe der Langstrasse sei seinerzeit der Beste gewesen, erinnert er sich – nicht nur wegen der hungrigen jungen Nachtschwärmer auf dem Heimweg, sondern auch wegen Taxifahrern, die dort auf die Schnelle eine Schachtel Pommes frites bekamen.

Doch selbst, wenn man solche Standorte zuhauf fände. Pommes frites haben zwar einen kultigen Charme, doch ihr Marktpotenzial ist nicht unbegrenzt – allein schon wegen der Konkurrenz durch Fastfood-Ketten, Döner-Buden und andere Anbieter, die auf alle Märkte drängen. Kartoffelfachmann Realini hält die Chancen, nun ja, zumindest für begrenzt.

Konkurrenz auch bei Automaten

Die Investoren vom Baarer Unternehmen Thurpire engineering, die das System des Schweizer Tüftlers Ueli Maurer im In- und Ausland anbieten werden, setzen ohnehin auf eine flexiblere Strategie. Zunächst soll die weiter entwickelte Maschine als Lizenzgerät für Anbieter mit Personal verkauft werden – als Küchenautomat mit konstanter Qualität. Lohnend soll eine Maschine für solche Kunden schon ab rund 30 Portionen pro Tag sein.

Für die Strategie als Voll-Automaten in der Schweiz und anderswo sei die Firma freilich auch gewappnet, sagt CEO Urs Barandun. Doch auch dort herrscht scharfe Konkurrenz, wie ein Blick ins nahe Ausland zeigt: In Brüssel, der Hauptstadt des Pommes-frites-Mutterlandes, steht seit kurzem ein Gerät eines Herstellers aus China, dessen Produkte angeblich auch Kenner überzeugen.

Wer, wie und wo auch immer die Geschäftsidee verfolgt: Es wäre das erste Mal, dass es wirklich flächendeckend, dauerhaft und ertragreich klappt. Vielleicht, weil Pommes frites zwar goldig aussehen, aber längst keine Goldesel mehr sind? Oder weil zu vielen Menschen das Vertrauen in warmes Essen aus dem Automaten fehlt?

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