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Einstein Online Nano: Das sollten Sie wissen

Er ist in aller Munde und bleibt trotzdem nur schwer fassbar: der Begriff «Nano». Wie klein sind solche Teilchen? Sind sie gesundheitsschädigend? Und warum gelten künstliche Nanopartikel als Technologie-Hoffnung des 21. Jahrhunderts? Wir beantworten diese und andere brennende Fragen zum Thema.

Wie klein sind Nanopartikel?

Nanopartikel sind so klein, dass man sie weder mit dem Auge noch mit einem gewöhnlichen Mikroskop sehen kann. Dazu benötigt man spezielle Geräte, die Einblick in die Welt der Atome und Moleküle gewähren – beispielsweise ein Elektronenmikroskop. Der Begriff «Nano» leitet sich vom griechischen Wort «nanos» ab und bedeutet zwergenhaft.

Elektronenmikroskopie von Nanopartikeln innerhalb und ausserhalb von Krebszellen.
Legende: Sichtbar dank Elektronenmikroskopie: Die schwarzen Punkte sind Nanopartikel, die sich innerhalb und ausserhalb von Krebszellen befinden. Caroline Maake

Als Nanoteilchen werden alle Partikel bezeichnet, die zwischen 1 und etwa 100 Nanometer gross sind. Ein Nanometer ist der milliardste Teil eines Meters, also 0.000000001 Meter. Immer noch schwer vorstellbar? Vielleicht hilft dies:

  • Ein Nanopartikel verhält sich in der Grösse zu einem Fussball wie der Fussball zur Erde.
  • Ein Haar ist etwa 80'000 Nanometer dick.
  • Atome, die kleinsten Teilchen, sind 0,3 Nanometer klein.

Was sind natürliche, was synthetische Nanopartikel?

In der Natur kommen Teilchen in Nanogrösse in unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen vor. Zwei Beispiele:

  • Die winzigen Hafthärchen an den Füssen von Geckos sind nur Nanometer lang. Weil sie so klein sind, finden pro Fuss eine Milliarde dieser Mini-Härchen platz. Die haarige Fläche hilft der Echse beim Festhalten und Klettern an glatten Oberflächen.
  • Die Oberfläche der Lotuspflanze ist bedeckt mit unsichtbaren Höckern in Nanogrösse, von denen jeder mit Wachs überzogen ist – der perfekte Schutz vor Nässe.

So faszinierend die natürlichen «Nanos» auch sind. Die Teilchen, die seit einiger Zeit immer wieder für Gesprächsstoff sorgen und technologisch genutzt werden, sind die synthetischen, also künstlich hergestellten Nanopartikel. Für deren Produktion zerkleinert man entweder grössere Stücke eines Stoffes durch Mahlen, Ätzen oder andere mechanische Bearbeitung, oder man fügt Atome beziehungsweise Moleküle zu nanoskaligen Partikeln zusammen.

Was macht Nanopartikel so einzigartig?

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Legende: 1991 entdeckt: Kohlenstoff-Nanoröhrchen sind leichter und widerstandsfähiger als Stahl. Imago

Liegt ein Stoff in Nanogrösse vor, verändert er seine chemischen und physikalischen Eigenschaften – Nanopartikel sind oft reaktionsfreudiger als grössere Teilchen gleichen Materials. Sie zeichen sich aus durch andere Oberflächenkräfte, eine andere Festigkeit und bessere Leitfähigkeit. Zudem erzeugt ihr geringer Durchmesser zuweilen spezielle optische Effekte – und manche Partikel durchdringen Zellen und Gewebe.

Warum gilt Nano als Technologie-Hoffnungsträger?

Nanotechnologie gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Fachleute aus Physik, Chemie, Medizin, Biologie, Mathematik und dem Ingenieurwesen arbeiten bei ihrer Entwicklung zusammen – Nanotechnologie ist eine sogenannte Querschnittstechnologie. So gibt es in unterschiedlichsten Anwendungsfeldern eine Vielzahl an Materalien und Produkten:

  • Die Nanomedizin entwickelt sogenannte Nanocontainer – kleinste Kapseln mit Medikamenten darin. Das Ziel dieser «Mini-Pakete»: Wirkstoffe sollen im Körper nur dort wirken, wo es wirklich nötig ist – beispielsweise direkt in der Krebszelle, nicht aber in benachbarten gesunden Zellen. So könnten am gewünschten Ort eine höhere Wirkstoffkonzentration erreicht werden und Nebenwirkungen verhindert werden.
  • Auch die Kosmetikbranche bedient sich der Nanotechnologie. Sie setzt Titanoxid als UV-Filter in Sonnenschutzartikeln ein. Das hatte lange zum Nachteil, dass die Haut beim Auftragen weiss wurde. Seit 1990 wird derselbe Stoff, zerkleinert auf Nanogrösse, eingesetzt – die Sonnencreme wurde farblos.
  • Auch in der Textilindustrie wird Nano-Titanoxid eingesetzt – um die Kleidung vor Wasser und Schmutz zu schützen. Ebenfalls beliebt ist Silber in Nanogrösse, denn es wirkt antibakteriell und schützt vor Bakterien und Schweissgeruch.
  • Die Lebensmittelindustrie nutzt Nano-Siliziumdioxid, um die Streufähigkeit von Gewürzen zu erhöhen. Der Stoff ist auch bekannt unter der Bezeichnung E551 und gilt als gesundheitlich unbedenklich.

Können Nanoteilchen in unseren Körper gelangen?

Es gibt zwei Arten von Nanopartikeln: freie und gebundene. Der Unterschied ist entscheidend, denn er bestimmt, ob Partikel über die Lunge in den menschlichen Organismus und somit in den Blutkreislauf gelangen können.

  • Gebundene Partikel sind fest in ein Material eingebunden – in Farben, Verpackungsmaterialien oder Kunststoffe. Sie dringen nicht direkt in den menschlichen Körper ein und stellen nach heutigem Wissen kein Gesundheitsrisiko dar.
  • Freie Partikel sind nicht fest in die Matrix eines Produktes eingebunden. Sie kommen einerseits in der natürlichen Umgebung vor, beispielsweise als Russ einer Kerze oder als Feinstaub. Andererseits gibt es freie Partikel auch in synthetischer Form, beispielsweise als Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Solche freien Partikel können mit der Umgebungsluft eingeatmet werden, in die Lunge gelangen und so unter Umständen bis in unsere Zellen vordringen – was durchaus mit Risiken verbunden ist.

Sind Nanopartikel also gesundheitsschädigend?

Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Auswirkungen von Nanopartikeln auf den menschlichen Körper hängen im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: Wie hoch ist die eingeatmete Konzentration? Und wie lange sind wir den Teilchen ausgesetzt?

Nach heutigem Forschungsstand ist bekannt, dass gewisse Nanoteilchen klein genug sind, um in unsere Organe oder gar ins Hirn zu dringen. Der Nano-Spezialist Peter Gehr erläutert im Video mögliche Folgen:

Video
Alzheimer durch Nanopartikel?
Aus Einstein vom 26.01.2016.
abspielen. Laufzeit 28 Sekunden.

Wer erfand den Begriff «Nanotechnologie»?

Der japanische Professor Norio Taniguchi definierte den Begriff 1974. Als Vater der Nanotechnologie gilt allerdings der US-amerikanische Physiker Richard Feynman. Der Nobelpreisträger hielt 1959 den visionären Vortrag «There is plenty of Room at the Bottom», während dem er erstmals die Manipulation von Materie auf atomarer Ebene beschrieb.

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