Vor allem in der Dämmerung kann man ihn gut erkennen, den leuchtend hellen Fleck, den Rehe an ihrem Hinterteil tragen. Im Winter ist er weiss, beim Sommerfell rötlich-gelb – doch seine Funktion ändert sich nicht: Wittert ein Reh eine Gefahr, spreizt es die Haare dort nach aussen; der Fleck erscheint gut sichtbar – und gibt Artgenossen im selben Sprung, wie man eine Rehgruppe nennt, ein Warnsignal.
Zudem können die Tiere anhand des Spiegels das Geschlecht eines anderen Rehs schon von weitem erkennen. Bei der Ricke, also dem Rehweibchen, ist er herzförmig mit herabhängenden Haaren, während er bei den Böcken nierenförmig ist.
Eine verbreitete Finte der Evolution
Grundsätzlich erfüllt der Spiegel diese Funktionen so oder ähnlich auch bei anderen Wildtieren – ob beim Dammhirsch in unseren Breiten oder beim nordamerikanischen Wapiti, dessen Name in der Sprache der Shawnee-Indianer tatsächlich «weisses Hinterteil» bedeutet.
Und wenn der Spiegel fehlt? Dann ist er entweder nicht nötig, wie bei afrikanischen Ducker-Arten, die als Fluchttiere, wie der Name schon sagt, lieber Schutz im Unterholz suchen. Oder aber der Spiegel wurde, wie etwa bei domestizierten Ziegenarten, im Lauf der Zeit vom Menschen «fortgezüchtet».