Die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz – eine junge Errungenschaft mit langer Vorgeschichte. So forderte beispielsweise bereits 1893 der Schweizerische Arbeiterinnenverband vergeblich das Frauenstimm- und Wahlrecht. 1929 reichte der Schweizer Verband für Frauenstimmrecht (SVF) bei der Bundeskanzlei eine entsprechende Petition ein – ohne dass etwas passierte. Erst 1959 kam es zur ersten Volksabstimmung. Sie scheiterte mit 66,9 Prozent Nein-Stimmen.
«Grösster Schönheitsfehler in unserer Bundesverfassung»
Wie gespalten die Schweizer Bevölkerung in dieser Zeit beim Thema Frauenstimmrecht war, zeigt eine Umfrage vom Januar 1963 in der Basler Innenstadt:
Erst 1971 führte der Bundesrat nach wiederholten Protesten der Frauenbewegung eine erneute Abstimmung durch: Diesmal sagten 65,7 Prozent der männlichen Wählerschaft «Ja». Der Weg an die Urne für die Frauen war geebnet. Und damit auch der Weg ins Parlament:
SRF-Themenschwerpunkt in TV, Radio und Online
Wie haben sich das Bild und die Position der Frauen in unserer Gesellschaft seit damals verändert? Wie nutzen Frauen ihre politische Stimme? Ab wann herrscht eigentlich Gleichberechtigung in einer Demokratie? Der SRF-Themenschwerpunkt zum Frauenstimmrecht setzt sich mit diesen und weiteren Fragen auseinander. So erzählt etwa Martha Beéry-Artho (Jahrgang 1941) in der Serie «Zeitzeuginnen» bei Radio SRF 2, wie sie sich bereits als Neunjährige darüber gewundert hatte, warum Frauen nicht abstimmen durften. Schliesslich habe ihre Mutter als Geschäftsführerin eines Kolonialwarenladens mehr Geld verdient als ihr Vater. Monika Fischer (Jahrgang 1944) hingegen erinnert sich noch gut daran, wie Männer und Frauen im katholisch-konservativen Luzerner Hinterland gegen das Frauenstimmrecht argumentiert hatten.
Reise durch die Generationen
Weiter berichten Frauen in einer fünfteiligen Serie des Gesellschaftsmagazins «Gesichter und Geschichten», was das Stimmrecht für sie bedeutet – von Ruth Dreifuss, die als zweite Bundesrätin der Schweiz noch auf viel Widerstand stiess, bis zur Influencerin Zoë Pastelle, die konkrete Vorstellungen davon hat, was sich in Zukunft noch verändern muss. Bei Radio SRF 3 erzählen Hörerinnen und Hörer unter dem Motto «Nid glich!» von ihren persönlichen Beiträgen zur Gleichberechtigung. Auf srf.ch und auf der SRF News App gibts zudem ein interaktives Quiz zum Thema.
Starke Frauen im Fokus
Begleitet wird dieser Schwerpunkt von einem umfangreichen Filmangebot. Zum Beispiel mit «RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit», dem Dokumentarfilm über Ruth Bader Ginsburg, die als Anwältin für Frauenrechte eintrat und schliesslich zur Richterin am Obersten Gerichtshof der USA berufen wurde. «Die göttliche Ordnung» thematisiert indessen den langen Kampf um das Frauenstimmrecht in der Schweiz.
Wir möchten eine Brücke schlagen zwischen den Frauen, die für das Frauenstimmrecht eingetreten sind, und jungen Menschen von heute.
Corinna Daus hat den SRF-Themenschwerpunkt zum Frauenstimmrecht organisiert. Im Interview spricht die Publizistische Planerin bei SRF Kultur über Hintergründe und Herausforderungen:
Corinna Daus, weshalb ist es SRF wichtig, dem Thema «Frauenstimmrecht» fünfzig Jahre nach dessen Einführung einen Schwerpunkt im Programm zu widmen?
Die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz war ein entscheidendes Datum, denn erst damit bekamen Frauen das Recht, politisch mitzuentscheiden. Als vorletztes Land in Europa. Viele Frauen haben damals viel aufs Spiel gesetzt. Der Kampf ging über hundert Jahre. Heute ist es selbstverständlich, dass Frauen wählen. Wir fragen kritisch, wie es überhaupt jemals anders sein konnte: Wieso hatten nur Männer eine Stimme? Wieso hat es in der Schweiz so lange gedauert? Und wie denken junge Frauen heute darüber?
Welches sind Ihre persönlichen Programmhighlights?
Ich freue mich auf die Facebook-Videoserie «Deine Stimme zählt» von SRF Kultur, in der wir fünf junge Frauen porträtieren, die selbstbewusst für ihr Recht auf eine Stimme eingetreten sind. «Gesichter und Geschichten – G&G» macht in seiner fünfteiligen Serie eine spannende Reise durch die Generationen. Und der «Kontext» widmet sich unter dem Motto «Funky cool Vagina» der feministischen Musik in der Schweiz, die ja den Kampf der Frauen immer begleitet hat. Ausserdem gefällt mir der Ansatz von Radio SRF 3, im Projekt «Nid glich» bei den Hörerinnen und Hörern Inspirationen zu sammeln, wie wir in unserem Alltag mehr für die Gleichstellung tun können.
Was bedeutet es, einen derart umfassenden Themenschwerpunkt zu organisieren?
Vor allem eine riesige Freude. Das Thema liegt mir sehr am Herzen. Ich hatte die Gelegenheit, mit vielen motivierten Menschen aus verschiedenen Redaktionen zusammenzuarbeiten, das ist inspirierend. Die Herausforderung in der Organisation liegt vor allem darin, eine publizistische Gesamtlinie zu finden: Was genau wollen wir mit dem Schwerpunkt? Uns sind Debatte und Dialog sehr wichtig. Wir möchten eine Brücke schlagen zwischen den Frauen, die für das Frauenstimmrecht eingetreten sind, und jungen Menschen von heute.