Isabelle Jacobi, SRF-Radiokorrespondentin in den USA:
«Politik ist eine Kampfsportart in Washington»
Zum Arbeitsalltag: «Normal ist mein Arbeitsalltag eigentlich nie – und das ist toll. Mal verfolge ich im Studio TV-Nachrichten, dann gehe ich an ein Hearing in den Kongress, begleite den Umsturzversuch der Trump-Anhänger oder bin auf Reportage in der Wüste von West-Texas. Ich lebe in zwei Zeitzonen: in jener der USA und in jener der Schweiz. Um 8 Uhr morgens muss ich fürs ‹Echo der Zeit› aufdatiert sein, denn dann findet in Bern die Nachmittags-Planungssitzung statt. Und ich arbeite oft in den Abend hinein, für die Sendung ‹Heute Morgen›.»
Zum Austausch mit den SRF-Redaktionen: «Das Mutterschiff ist immer präsent! Ich muss meine Geschichten ja loswerden – das heisst, den Produzentinnen und Produzenten der Sendungen ‹verkaufen›. Oft erhalte ich auch Anregungen zu Themen, aber Matthias Kuendig, mein Kollege in Miami, und ich können weitgehend bestimmen, welche Themen wir setzen. Diese Expertise wird von uns erwartet.»
Zum Kontakt mit Schweizer Kolleginnen und Kollegen: «In Washington haben wir ein kleines Schweizer Nest. Da ist einmal unser SRG-Büro, das ich mit meinen Radio- und Fernseh-Kollegen teile. Ich bin seit kurzem auch eine Hälfte der Büroleitung, zusammen mit meinem RTS-Kollegen Gaspard Kuehn. Auch die Journalistinnen und Journalisten vom ‹Tages-Anzeiger› und der NZZ sieht man dann und wann an einer Medienkonferenz, oder man trifft sich auf ein Bier.»
Von der Arbeit der letzten Wochen: Ich war vor ein paar Wochen in New York, wo ich auch einige Jahre gelebt habe. Die Stassen sind immer noch leergefegt, und doch ist diese Energie zu spüren. Ich habe mehrere Storys realisiert: über den Klassenkampf um den Impfstoff – wohlhabende New Yorker lassen sich im armen Ost-Brooklyn impfen – oder über die vielen Obdachlosen, die der Bürgermeister zum Schutz vor Covid-19 in Hotels einquartiert hat. Ansonsten beobachte ich, wie sich die Biden-Regierung formiert und positioniert.»
Ein Ausblick auf kommende Stories: «Ich arbeite gerade an ein paar Stories über den Machtkampf im neuen Kongress, wo die Demokraten eine hauchdünne Mehrheit haben. Sie wollen unter anderem wieder eine Regelung einführen, damit sie Gesetze mit artfremden Zugeständnissen garnieren dürfen, um Republikaner zu ‹ködern›. Das passt nicht so zum sauberen Image, das sich die Demokraten gerne verleihen. Es geht ihnen genauso wie den Republikanern eigentlich fast immer darum, die Machtpolitik auszureizen. Politik ist eine Kampfsportart in Washington.»
Luzia Tschirky, SRF-Fernsehkorrespondentin in Russland:
«In Russland werden die meisten Medien staatlich kontrolliert»
Zum Arbeitsalltag: «Einen normalen Arbeitstag gibt es bei mir kaum. Die meiste Zeit bin ich jetzt zwar in unserem SRF-Büro in Moskau. Ich versuche aber auch während der Pandemie, möglichst oft vor Ort aus dem gesamten Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zu berichten. Mir einen Eindruck verschaffen zu können aus den vielen Ländern, die zu meinem Berichtsgebiet gehören, macht meine Arbeit als Korrespondentin sehr anspruchsvoll – aber auch spannend.»
Zum Austausch mit den SRF-Redaktionen: «Ich bin fast täglich in Kontakt mit der Auslandredaktion in Zürich. Jeden Morgen gibt es eine Redaktionskonferenz mit der tagesaktuellen Themenbesprechung, bei der alle Korrespondentinnen und Korrespondenten teilnehmen können.»
Zum Kontakt mit anderen Medienschaffenden: «In Russland ist dies nicht ganz unkompliziert, denn die meisten Medien werden staatlich kontrolliert. Mit Kolleginnen und Kollegen von unabhängigen Medien stehe ich jedoch regelmässig in Kontakt.»
Von der Arbeit der letzten Wochen: «Ich war im November 2020 auf Reportage in Armenien und in der international nicht anerkannten Republik Bergkarabach, im Dezember berichtete ich aus Aserbaidschan und den zurückeroberten Gebieten der Region. Im Januar und im Februar dieses Jahres war ich zweimal in Belarus. Bei meiner ersten Reise nach Minsk wurde ich festgenommen. Ein zweites Mal bin ich dann nach Belarus gereist, um meine Bekannte in Freiheit vor dem Gefängnis in Empfang zu nehmen.»
Ein Ausblick auf kommende Stories: «Ich versuche gerade, eine Reportage aus Sibirien zu realisieren. Aus einem Gebiet, in dem verschiedene indigene Volksgruppen leben. Das ist nicht ganz einfach. Die Drehbewilligung für dieses Gebiet zu erhalten, ist sehr aufwendig und es dauert mehrere Monate, bis man alle Genehmigungen bekommen kann.»