Er (...) geht gerne aus, trinkt gerne. Ich weiss, dass das ein Klischee ist. Aber ich fand ein Privatdetektiv, der gerne Soja-Milch trinkt, das passt nicht.
SRF: Wie bist du auf die Figur von Vijay Kumar gekommen?
Sunil Mann: Vijay ist daraus entstanden, dass ich meine indischen Wurzeln mitverwenden wollte beim Entwerfen einer Figur. Er ist Mitte dreissig, geht gerne aus und trinkt gerne. Ich weiss, dass das ein Klischee ist. Aber ich fand ein Privatdetektiv, der gerne Soja-Milch trinkt, das passt nicht.
Vijay besucht seinen Verwandten in Indien nicht gerne. Sind das autobiografische Züge?
Ich wuchs als Sohn von Migranten auf und meine Eltern kannten kein anderes Reiseziel als Indien. Wir sind sehr, sehr oft dort hingereist, während andere nach Spanien, Kroatien, Griechenland etc. gingen. Als Kind hatte ich da schon gewisse Aversionen. Später, als Erwachsener, habe ich es enorm geschätzt nach Indien zu reisen und schätze es immer noch sehr. Aber als Kind fand ich das gar nicht toll. Und das musste ich Vijay anhängen: ganz kleine autobiografische Züge, die man aber kaum merkt, wenn man mich nicht kennt.
Wie viel ist denn autobiografisch in deinen Büchern?
Es ist natürlich nicht alles autobiografisch. Es gibt gewisse Sachen, die daran angelehnt sind, aber vieles auch nicht. Zum Beispiel Vijays Vorliebe für Whisky . Ich kann Whisky nicht ausstehen. Er hingegen trinkt ihn literweise. Es gibt also viele kleine Unterschiede zwischen uns und einige Übereinstimmungen, wie Kreis 4 und das ganze Ausgangsleben. Das habe ich, als ich Mitte Dreissig war, sicher genauso exzessiv betrieben wie Vijay.
...jede indische Mutter hat es tief in sich: ihre Söhne müssen heiraten.
Auch bei der Figur von Mama Kumar, kommt oft die Frage, ob ich das privat auch so erlebt habe. Meine Mutter ist nicht ganz so ausgeprägt in dieser Hinsicht. Aber ich denke, jede indische Mutter hat es tief in sich: ihre Söhne müssen heiraten.
Was für einen Bezug hat die Langstrasse zu deinen Krimis?
Die Langstrasse ist das Rotlichtmilieu und Partymeile von Zürich. Drogenhandel findet hier auch statt. Und als ich vor 11 Jahren den ersten Vijay Kumar-Roman geschrieben habe, war es wie selbstverständlich das Vijay hier arbeiten und lebt. Seine Fälle spielen häufig in diesem Quartier. Wichtig ist auch, dass ich selbst hier gewohnt habe und so war es für mich selbstverständlich, dass ich auf etwas zurückgreife, das ich enorm gut kenne.
Ich kann mir schon vorstellen, dass gewisse Leute das nicht so geschätzt haben, aber ich stehe zu Miranda.
Miranda ist eine zentrale Figur im Hörspiel und sie polarisiert. Wie stehst du zu ihr?
Miranda ist überspitzt, wie eigentlich auch das ganze Stück. Wie eine Comicfigur – ein wenig überdreht. Und ich finde, das ist legitim. Ausserdem: Transmenschen sind nicht immer nur wahnsinnig ernst. Miranda ist ein sehr lebensfreudiger Mensch und ich finde, das muss sich auch zeigen. Sie redet sehr viel über Sex, hat meistens jedoch nicht so viel. Für sie ist das ein ganz grosses Thema. Ich kann mir schon vorstellen, dass gewisse Leute das nicht so geschätzt haben, aber ich stehe zu Miranda.
Was ist toll an der indischen Kultur und fehlt dir hier in der Schweiz?
Was in Indien sehr gross geschrieben wird ist Familie und Familienzusammenhalt steht eigentlich über allem. Das merkt man hier weniger. In Indien wird immer gegessen und gekocht. Als wir bei unseren Verwandten zu besuch waren, stand schon morgenfrüh irgendetwas auf dem Herd. Und für mich, der sehr gerne isst, war das der Himmel auf Erden.
Die vierteilige Serie startet am 07.03.2022 auf Radio SRF 1 um 14:00 Uhr und ist auch als Podcast verfügbar.
Krimi-Klassiker von früher und aktuelle Produktionen von heute, auf hochdeutsch oder Mundart. Ob Polizischt Wäckerli, Kommissär Hunkeler oder Privatdetektiv Musil: Die Hörspiele von SRF haben schon immer Ermittler mit Kult-Potenzial hervorgebracht. Und die nächste Generation steht schon bereit.
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