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Altersparen: Versicherungen rupfen Kunden
Aus Kassensturz vom 13.10.2009.
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Versicherungen Altersparen: Versicherungen rupfen Kunden

Versicherungsberater drehen Kunden sogenannte gemischte Lebensversicherungen der 3. Säule an. Doch: Ein happiger Teil der Prämien versickert für unnötige Risikoversicherungen, Verwaltungskosten und fette Provisionen. «Kassensturz» zeigt, wie man sinnvoll fürs Alter spart.

Alles fängt mit guten Absichten an: Die Familie Rodel will nach der Geburt ihrer Tochter ihre Versicherungen überprüfen. Ein Vertreter der Mobiliar empfiehlt dem Ehepaar, die bestehende Todesfallversicherung durch eine sogenannte Säule-3a-Versicherung zu ersetzen. Damit werde gleichzeitig auch gespart, betont der Berater.

Rodels sind überzeugt: Es gelten die gleichen Bedingungen wie bei einem 3a-Bankkonto, das sie ohne Verluste transferieren können. Sie zahlen je 2400 Franken pro Jahr ein. Doch bei der ersten Abrechnung werden sie stutzig. Plötzlich ist von einem Rückkaufwert die Rede. Und warum ist weniger da als sie einbezahlt haben? «Das haben wir nicht wirklich beantwortet bekommen», sagt Michel Rodel.

Intransparente Versicherungen

Die Konzerne loben die sogenannten gemischten Versicherungen übers Klee: Sparen in die 3. Säule und Risiken absichern in einem. Die Versicherung für alle, die nur Vorteile habe. Doch diese Art des Säule-3a-Sparens hat ihre Tücken. Finanzfachmann Florian Schubiger vergleicht gemischte Lebensversicherungen mit einer Blackbox. Die meisten Kunden wissen nicht, dass ein beträchtlicher Teil ihres Geldes bei der Versicherung bleibt. Schubiger: «Ein Teil des Geldes wird für die Prämien der Versicherungsleistung und die Verwaltungskosten der Versicherung verwendet.» Nur was übrig bleibt landet im Sparschwein des Kunden.

Geschröpft wird vor allem wer früh aussteigt. Versicherungskunde Hans Koller will bei der Generali fürs Alter sparen. Sein Verlust: 20'000 Franken. Mit seiner Ehefrau hat er 2001 bei der Generali eine gemischt 3a-Fondspolice abgeschlossen. Das kinderlose Ehepaar verpflichtet sich, pro Jahr von 3600 und 5900 einzuzahlen. Doch wie das Leben so spielt: Vier Jahre später kommt ihre Tochter auf die Welt. Die Familie hat nun ein anderes Budget. Sie kann die hohe Jahresprämie nicht mehr aufbringen und zahlt nicht mehr ein.

Der Preis der Leistungsgarantie

Kein Problem, denkt sich Hans Koller. Bis sich die Familie dieses Jahr ein Haus bauen will. Der typische Fall für einen Vorbezug eines 3a-Kontos. Doch Hans Koller traut seinen Augen nicht. Die Generali rechnet ihm vor: Einbezahlt haben Kollers 32'200 Franken. Für die Risikoversicherung gehen über 7800 Franken drauf. Die Generali verlangt einen Rückkaufabzug und macht noch ausstehende Prämie geltend. So stehe es in den AGBs. Abzug: 12'000 Franken. Kollers erhalten 12'295 Franken ausbezahlt, 20'000 Franken weniger als einbezahlt.

Generali ist eine der grossen im Geschäft mit gemischten Lebensversicherungen. Sie garantiere ihre Leistungen über Jahrzehnte, betont Roman Clavadetscher, Leiter Produkte bei Generali. Das habe seinen Preis. Generali teile die Kosten und Rückkaufwerte der Versicherung transparent mit. Dies werde in der Offerte und in der Police angegeben. Roman Clavadetscher: «Im Rückkauf wird berücksichtigt, dass bereits Versicherungen gelaufen.» Auch die langfristigen Garantien und der Abschluss des Vertrages würden etwas kosten.

Im Klartext: Verloren sind die Prämien für den Versicherungsschutz. Und was den wenigsten bewusst ist: Die Versicherungen verrechnen beim vorzeitigen Ausstieg alle Verwaltungskosten und Provisionen, die beim Abschluss entstanden sind, auf einen Schlag.

Risikoaufklärung protokollieren

Für viele Kunden sind gemischte Lebensversicherungen undurchschaubar, das weiss Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz. Erst seit kurzem müssen die Versicherungen überhaupt über Rückkaufwerte informieren. Doch das genüge nicht. Zurzeit wird das Versicherungsvertragsgesetz revidiert. Konsumentenorganisationen fordern, dass darin eine verbindliche Risikoaufklärung festgeschrieben wird. Sara Stalder: «Das müsste in einem einfachen Protokoll festgehalten werden, das beide Seiten unterschreiben.» Das hätte den Vorteil, dass der Verkaufsagent sich wirklich auf die Risiken konzentrieren müsse und nicht nur mit den Vorteilen den Konsumenten einlullen könne.

Ein typischer Fall von ungenügender Aufklärung: Pino Gallo ist 24 als er sich mit dem Kundenberater der Helvetia trifft. Er ist ungebunden, Single und hat keine Pläne für die Zukunft. Erst Jahre später wird ihm klar: Junge Leute wie er brauchen meistens keine Lebensversicherung. Dennoch schwatzt ihm der Verkäufer eine 3a-Lösung mit integrierter Todesfallversicherung auf. 200 Franken Monatsprämie und eine fixe Laufzeit bis 2043. Nur mit Verlust kann er jetzt die Versicherung kündigen.

Helvetia schreibt: «Die Helvetia legt grossen Wert auf eine sorgfältige Beratung auch nach Abschluss einer Police. Deshalb hat unser Berater mit Herrn Gallo Kontakt aufgenommen, um Alternativen zum Rückkauf zu beleuchten.» Doch Pino Gallo kann das nicht nachvollziehen: «Es hätte gar nicht soweit kommen müssen. Der damalige Berater hätte doch einfach sagen müssen, Du brauchst keine Versicherungen, geh einfach zu einer Bank.»

In der Tat: Sparen fürs Alter und Steuern sparen – das geht auch ohne Versicherung.

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