Ein Drittel aller natürlich entstandenen Zwillinge sind eineiige. Das heisst, die entstehen aus ein und derselben Zelle, die sich nach der Befruchtung teilt und haben dadurch das gleiche Erbgut und Geschlecht.
Noch vor 50 Jahren war der Fall klar: Haben die Zwillinge bei der Geburt einen Mutterkuchen, der die Kinder über die Nabelschnüre versorgt, sind die Zwillinge eineiig. Wenn nicht, sind sie zweieiig. Die heutige Medizin konnte jedoch nachweisen, dass dies nicht der Fall ist.
Bei eineiigen Zwillingen wird zusätzlich aufgrund ihrer Entwicklungsform eine Unterscheidung gemacht. Das ist weniger für die werdenden Zwillingseltern als für den behandelnden Arzt von Bedeutung: Denn der Zeitpunkt der Teilung der befruchteten Eizelle (Zygote) bestimmt unter Umständen, ob ein Risiko in der Schwangerschaft besteht oder nicht. Diese Möglichkeiten gibt es:
- Die Eizelle teilt sich kurz nach der Befruchtung zum ersten Mal. Erfolgt die Trennung in diesem Zwei-Zellstadium, entwickeln sich die Zwillinge in jeweils einer eigenen Fruchtblase und mit je einer eigenen Plazenta, wobei auch manchmal beide Mutterkuchen zu einer gemeinsamen grossen Plazenta zusammenwachsen können. Dieser frühe Teilungszeitpunkt ereignet sich allerdings selten.
- Kommt es zwischen dem dritten und achten Entwicklungstag zur Spaltung, hat sich die Eizelle bereits mehrmals geteilt und ist bereit, sich in der Gebärmutterschleimhaut einzunisten. In diesem Fall entstehen eineiige Zwillinge, die mit nur einer Plazenta heranwachsen, jedoch mit einer gemeinsamen äusseren Eihaut und zwei getrennten inneren Eihäuten. Diese Art der Zellteilung kommt am häufigsten vor.
- Manche Zwillinge entstehen aber noch später, wenn sich die befruchtete Eizelle bereits in der Gebärmutter eingenistet hat (8. bis 10. Tag). Sie entwickeln sich dann in einer gemeinsamen Fruchtblase mit einer Plazenta. Die Entwicklung dieser besonderen Art von eineiigen Zwillingen muss besonders aufmerksam verfolgt werden, da es leicht zu Komplikationen kommen kann. Zur Beruhigung: Die Häufigkeit liegt bei weniger als einem Prozent.
- Wenn die Teilung der befruchteten Eizelle erst zu einem sehr späten Zeitpunkt erfolgt, also etwa 14 bis 15 Tage nach der Befruchtung, ist das Ergebnis eine unvollständige Teilung der Keimzelle. Die Embryos bleiben miteinander verbunden und haben unter Umständen gemeinsame Organanlagen (siamesische Zwillinge). Diese Entwicklung kommt aber ausgesprochen selten vor: Sie betrifft ungefähr eine von 900 Zwillingsgeburten. Heute können jedoch auch die meisten siamesischen Zwillinge erfolgreich durch eine Operation getrennt werden.
Immer mehr Kinder erblicken im Doppelpack die Welt
Zweieiige Zwillinge dagegen entstehen aus zwei Eizellen, die jeweils von einem Spermium befruchtet werden. Im Zyklus einer Frau kommt es vor, dass zwei Eizellen heranreifen und vom Eierstock in den Eileiter wandern. Beide Eisprünge geschehen innerhalb von 24 Stunden. Im Eileiter sind die Eizellen dann 12 bis 18 Stunden befruchtungsfähig.
Zudem können Spermien nach dem Geschlechtsverkehr bis zu fünf Tage überleben. Somit ist die Frau fünf bis sechs Tage empfängnisbereit – genug Zeit, um zweimal ein Kind zu zeugen. Beide Male werden die Karten neu gemischt. Die eine befruchtete Eizelle hat somit eine andere Erbgutausstattung als die andere. Zweieiige Zwillinge sind sich damit genetisch weder fremder noch ähnlicher als zwei «normale» Geschwister, die im Abstand einiger Jahre gezeugt wurden. Zwei Mädchen, zwei Jungen oder ein Mädchen und ein Junge – all diese Kombinationen sind möglich.
Stammbaum-Analysen haben ergeben: Frauen, die einen zweieiigen Zwillingspartner haben, gebären etwas häufiger Zwillinge als andere Frauen. Und Frauen, die eine eineiige Zwillingsschwester haben, bekommen eher Zwillingstöchter. Der wichtigste Faktor für zweieiige Zwillinge sei aber das Alter der Mutter, zeigen Untersuchungen. Demnach steigt die Anzahl der Zwillingsschwangerschaften kontinuierlich bis zum Alter von 38 Jahren und sinkt dann wieder. Dafür sorgt ein Hormon, das mit den Jahren stärker ausgeschüttet werde: das Follikel stimulierende Hormon, kurz FSH. Es lässt die Follikel, die Eibläschen im Eierstock, heranreifen. Mehr FSH bedeutet mehr doppelte Eisprünge. Manche Frauen versuchen daher ihrem Kinderwunsch mit Hormonspritzen auf die Sprünge zu helfen.