«Tissue engineering» heisst das Stichwort. Und meint das Herumtüfteln mit Zellen, Fasern und Nährlösungen mit dem Ziel, im Labor künstliches menschliches Gewebe heranzuzüchten. Für zahlreiche menschliche Gewebe und Organe laufen derartige Forschungen auf Hochtouren; im Bereich Knorpel, Blutgefässe und Herzklappen gelangt gezüchtetes Gewebe vereinzelt sogar schon zur klinischen Anwendung.
Eigene Zellen bevölkern ein Grundgerüst
- Neue Haut aus Körperzellen Neue Haut aus Körperzellen
- Tissue Biology Research Unit des Kinderspitals Zürich Tissue Biology Research Unit des Kinderspitals Zürich
- Kinderspital Zürich: Zentrum für brandverletzte Kinder Kinderspital Zürich: Zentrum für brandverletzte Kinder
- Verbrennungssstation der Uniklinik Zürich Verbrennungssstation der Uniklinik Zürich
Das Problem ist alt: Ein Organ oder Organteil gibt seine Funktion auf, und es ist kein Ersatz da. Ist ein ganzes Organ betroffen, hilft nur eine Organspende eines passenden Spenders. Handelt es sich nur um ein Organteil, dienen in manchen Fällen Tiere als Ersatzteillager – zum Beispiel Herzklappen vom Schwein oder vom Rind. In beiden Fällen sieht der Körper das Gewebe als Fremdkörper an, das er abzustossen versucht. Das führt dazu, dass die Patienten einerseits die Arbeit ihres Immunsystems unterdrücken müssen und die «Ersatzteile» andererseits nur eine beschränkte Lebenszeit haben und danach wieder ersetzt werden müssen. Eine Schweineherzklappe zum Beispiel hält durchschnittlich 10 bis 15 Jahre.
Das Spezielle am Tissue Engineering ist, dass der Patient selbst die Zellen für das zu züchtende Gewebe liefert. Sie vermehren sich im Labor auf einem vorbestehenden Grundgerüst und reifen so in Form und Funktion zu «richtigem» Gewebe heran. Im Patienten wird das gezüchtete Material als körpereigenes Gewebe erkannt: Weil die Zellen vom Patienten selbst stammen, kommt es zu keiner Abstossungsreaktion.
Neue Haut in zwei Wochen
Forschern des Forschungszentrums für das Kind in Zürich ist es nun gelungen, dieses Prinzip erstmals auch für die Haut umzusetzen. Dafür entnehmen sie dem Patienten eine wenige Zentimeter grosse oberflächliche Hautbiopsie. Daraus gewinnen sie die Oberhaut- und Unterhautzellen (Keratinozyten und Fibroblasten), die sie in eine Nährlösung geben, worin sie sich stark vermehren. Danach bringt man sie geschichtet in eine lockere Grundsubstanz, wo sie ihre jeweilige Hautschicht ausbilden. Nach insgesamt ungefähr zwei Wochen ist eine stabile menschliche Haut entstanden, die aus Ober- und Unterhaut besteht und auf den Patienten übertragen werden kann. Sobald sie auf dem Patienten ist, wachsen weitere körpereigene Zellen des Patienten sowie Blutgefässe ein und bauen das Ganze weiter zu einer «richtigen» zweiten Haut um. Vorerst unterscheidet sie sich allerdings von normaler Haut: Aufgrund vorläufiger Sicherheitsbedenken enthält sie nämlich noch keine Pigmentzellen, ist also um einiges bleicher als normale Haut.
Noch nicht am Menschen getestet
In den Tierversuchen sind die Resultate vielversprechend. Die künstliche Haut wächst gut ein, schrumpft nicht und bildet kein überschiessendes Narbengewebe. Allerdings wurde diese Art Haut noch nie auf menschliche Wunden transplantiert. Dazu sind Laborbedingungen nötig, die den höchsten Hygiene- und Sicherheitsstandards entsprechen – so ein Reinraumlabor ist eben erst am Universitätsspital Zürich im Zentrum für Regenerative Medizin gebaut worden. Darin werden momentan schon menschliche Hautlappen hergestellt, die vorerst jedoch noch auf langfristige Sicherheit überprüft werden müssen. Die ersten klinischen Studien, in denen brandverletzte Kinder diese Haut erhalten, sollen voraussichtlich noch Ende dieses Jahres stattfinden.