Mehr als jeder zehnte Erwachsene in der Schweiz leidet an Beschwerden im Verdauungstrakt. Oft lässt sich keine Ursache finden. Trotz jahrelanger Suche bleibt dann häufig nur eine Diagnose übrig: Reizdarm. Unbefriedigend für Patient und Arzt.
Ausschlussdiagnose Reizdarm
Beschwerden im Verdauungstrakt gehören in der Schweiz zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch. Durchfall, Verstopfung, schmerzvolle Blähungen, allgemeines Unwohlsein im Bauchraum mit Schmerzen oder unregelmässiger Stuhlgang sind weit verbreitet. Einige dieser Symptome deuten auf schwere Krankheiten hin wie chronische Dickdarmentzündung oder gar Darmkrebs. Doch bei vielen Patienten wird keine spezifische Erkrankung gefunden. Dann bleibt dem Arzt oft nur eine Diagnose: Reizdarm.
Das Reizdarm-Syndrom stellt also eine Ausschlussdiagnose dar. Und damit haben Arzt und Patient zwar einen Namen für das Leiden, aber kein Mittel, das die Erkrankung heilt.
Unklare Ursache
Die Ursache für Reizdarm ist bis heute nicht geklärt. Aber es gibt zahlreiche Theorien. Dabei werden die familiäre Häufung der Erkrankung, der Stress, die Ernährung oder frühere Infektionen im Darm genauso in Betracht gezogen wie psychische Faktoren.
Sicher ist, dass die Nervenversorgung des Darms, das enterische Nervensystem, eine wichtige Rolle bei der Verdauung spielt. Das enterische Nervensystem, das auch als «Bauchhirn» bekannt ist, regelt mit seinen mehr als 100 Millionen Nervenzellen die Transportfunktion des Darmes. Man geht deshalb davon aus, dass ein grosser Teil der Reizdarm-Beschwerden hier liegen.
Therapie-Ansätze
Trotz aller Suche: Die Ursachen bleiben im Unklaren. Doch die Beschwerden bei den Patienten sind real. Und so ist ein grosser Markt an Angeboten gegen den Reizdarm entstanden. Von alternativen Mitteln wie Pfefferminzöl und Flohsamen über Dutzende Medikamente gegen die Symptome bis hin zu Entspannungsangeboten wie Yoga oder Hypnose.
Neuste Forschungen fokussieren nun mehr und mehr auf die psychischen Ursachen. Und Studien deuten auch in diese Richtung: Reizdarm-Patienten, die mit Antidepressiva behandelt wurden, verzeichneten eine deutliche Milderung der Symptome. Auch Stress spielt offenbar eine grosse Rolle.