Rund 120'000 Menschen in der Schweiz sind an einer Demenz erkrankt, am häufigsten an Alzheimer. Weil wir immer älter werden, werden die Zahlen künftig noch weiter steigen. Dies fordert auch die Pflegeheime heraus, denn bis zu zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner sind demenzkrank.
Wo sind Demenzkranke am besten aufgehoben?
Es gibt spezialisierte Heime, die nur demenzkranke Betagte aufnehmen. Andere Institutionen führen eine Demenzabteilung, und in wieder anderen Einrichtungen leben Bewohner mit und ohne Demenz gemischt zusammen.
Grundsätzlich sind spezialisierte Heime den Bedürfnissen Demenzkranker am besten angepasst. Sie bieten Schutz und Geborgenheit, aber auch Freiräume. Gemischte Heime stossen mit «schwierigeren, unruhigeren» Bewohnern rascher an ihre Grenzen. Das kann zur Folge haben, dass sie das Heim verlassen müssen oder in eine Psychogeriatrie verlegt werden.
Lebensqualität für demenzkranke Heimbewohner
Viele Faktoren entscheiden über eine gute Lebensqualität Demenzkranker im Heim. Ganz wichtig ist das Personal: Es braucht genug und geschultes Pflege- und Betreuungspersonal, das sich mit Demenzerkrankungen auskennt, das mit Betroffenen individuell, professionell und einfühlsam umgehen kann und einen offenen Kontakt zu den Angehörigen pflegt. Wichtig sind auch geeignete Bauten und Betreuungsformen, die dem jeweiligen Krankheitsstadium entsprechen. Bedeutsam ist weiter eine gute medizinische Betreuung. Es kann die Lebensqualität erheblich verbessern, wenn Antidementiva, Neuroleptika, oder andere Medikamente sehr sorgfältig verschrieben und dosiert werden.
Faktoren wie nicht ausreichende Personal-Ressourcen, mangelnde Ausbildung und Sozialkompetenz, fehlende Menschlichkeit oder illusionäre Konzepte können die Lebensqualität Demenzkranker dagegen schwer beeinträchtigen.
Freiheitsbeschränkende Massnahmen
Freiheitsbeschränkende Massnahmen sind in Demenz-Pflegeheimen immer ein Thema. So leben viele Betroffene aufgrund eines «Weglaufrisikos» auf geschlossenen Abteilungen.
Oft muss das Personal im Alltag entscheiden, was mehr wiegt: die Sicherheit der Bewohner, zum Beispiel der Schutz vor Stürzen, oder ihre Autonomie und Bewegungsfreiheit. Je körpernäher eine Massnahme ist, desto direkter beschneidet sie die Bewegungsfreiheit der Betroffenen.
- Medikamentöse Massnahmen: Medikamente sind eine bewegungseinschränkende Massnahme, wenn sie speziell zur Beruhigung verordnet werden (vgl. auch Interview mit Prof. Reto W. Kressig).
- Beschränkende Hilfsmittel: Gurte oder Stecktische, die das Aufstehen vom Rollstuhl verhindern, unnötig gezogene Bremsen, weiter: Bettgitter, Bauchgurte, oder spezielle Pflegedecken, die das Verlassen des Bettes verhindern.
- Elektronische Beschränkungen: Klingelmatten oder andere elektronische Überwachungssysteme schränken die Bewegungsfreiheit der Bewohner ebenfalls ein.
Ein gut geführtes Heim verzichtet wenn irgend möglich auf einschränkende Massnahmen. Dies verlangt auch das neue Erwachsenenschutzrecht.
Ombudsstellen
Das neue Recht setzt Grenzen
Seit 2013 gibt das neue Erwachsenenschutzrecht für freiheitsbeschränkende Massnahmen einen rechtlichen Rahmen vor (ZGB § 393ff).
- Sie sollen nur zum Einsatz kommen, wenn weniger einschränkende Massnahmen nicht ausreichen, um eine ernsthafte Gefahr abzuwenden, oder eine schwerwiegende Störung des Gemeinschaftslebens zu beseitigen.
- Die Einschränkungen müssen protokolliert, überprüft, und so bald wie möglich wieder aufgehoben werden.
- Rechtsvertreter (oft sind das Angehörige) haben ein Einsichtsrecht. Im Konfliktfall können sich Rechtvertreter, zum Beispiel Angehörige, schriftlich die Erwachsenenschutzbehörde KESB anrufen.