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«Die Arthrose-Lüge» Was tut bei Arthrose eigentlich weh?

Bestseller-These: Oft haben die Schmerzen ihren Ursprung in Verspannungen und nicht im abgenützten Gelenk.

Der Knorpel ist abgenutzt, es reibt Knochen auf Knochen. Darum schmerzt das Gelenk. Das denken zumindest viele Arthrose-Betroffene.

Doch stimmt das wirklich? Nein, sagt «Arthrose-Papst» Roland Liebscher-Bracht.

Ein erfolgreiches Buch

Roland Liebscher-Bracht hat viel praktische Erfahrung, jedoch keine medizinische Ausbildung. Bekannt wurde der Schmerztherapeut mit seinem Buch «Die Arthrose-Lüge».

Die Schmerzen kommen nicht von der Arthrose selbst. Es ist auch ein bisschen logisch, denn der Knorpel hat gar keine Schmerzrezeptoren. Er kann gar nicht wehtun.
Autor: Roland Liebscher-Bracht Schmerztherapeut & Autor von «Die Arthrose-Lüge»

Darin beschreibt er, was die Schmerzen seiner Meinung nach in 90 Prozent der Fälle auslöst: «Die Schmerzen kommen nicht von der Arthrose selbst. Es ist auch ein bisschen logisch, denn der Knorpel hat gar keine Schmerzrezeptoren. Er kann gar nicht wehtun. Die Schmerzen kommen von den zu hohen Spannungen in Muskeln und Faszien.»

Tägliches Dehnen und Massieren

Abhilfe schaffen Dehnübungen und Faszien-Massagen, die täglich durchzuführen sind, so sein Rezept. «Wir nutzen unsere Gelenkwinkel zu eingeschränkt. Daraus resultieren zu starke Anspannungen der Muskeln und verfilzte Faszien», erklärt der Deutsche gegenüber «Puls».

Liebscher-Bracht vergleicht, was im Körper passiert, mit einem Auto, das mit angezogener Handbremse fährt: «Die Bremsbacken verschleissen, es glüht und stinkt. Das ist das Gelenk, das kaputt geht. Lösen wir die angezogene Handbremse, gibt das wieder mehr Pferdestärken im Auto, die Beweglichkeit ist wieder da und der Schmerz weg.»

Sein Konzept, das Physiotherapeuten als weit weniger revolutionär bezeichnen als er selber, vermarktet er professionell: mit Youtube-Kanal, Therapeuten-Ausbildung, Verkauf von Massagen-Artikeln und eben Büchern und Auftritten. Gesteuert wird das Unternehmen von seinem Familien-Firmensitz in Bad Homburg.

Umstrittener Bestseller

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Das Buch «Die Arthrose-Lüge» ist nach dem Erscheinen im Herbst 2017 umgehend an die Spitze der Bestsellerlisten geklettert und belegte beim Online-Händler Amazon gleich in drei Kategorien Rang eins.

Bei vielen Schulmedizinern stossen die im Buch vertretenen Thesen und die auf Youtube publizierten Übungen auf Skepsis bis offene Ablehnung. Dem stehen zahlreiche Erfolgsmeldungen von Betroffenen gegenüber.

Aufgeschlossene Rheumatologen

Auch klassische Schulmediziner sind der Meinung, dass es oft die Weichteile sind, die bei Arthrose die Schmerzen verursachen.

Rheumatologe Lukas Wildi, Chefarzt am Kantonsspital Winterthur, findet es sinnvoll, viel zu dehnen und mit lokalen Massagen die Durchblutung anzuregen. Vor allem auch das regelmässige Bewegen des Gelenks sei empfehlenswert. Da das Gelenk nicht mehr stabil ist, sind die überlasteten Bänder und Muskelansätze eine häufige Schmerzquelle.

Doch müssen es nicht immer die Muskeln, Sehnen oder Faszien sein, die wehtun. Es gäbe auch noch andere Schmerzquellen: «Der Knochen tut weh, wenn er aufeinander reibt. Es kann in der Spätphase der Arthrose durch Gelenkabrieb zu schmerzhaften entzündlichen Reizzuständen kommen. Die Gelenkinnenhaut kann sich wegen Verdickung einklemmen. Die Gelenkkapsel kann durch starke Dehnung wegen Reizflüssigkeit im Gelenk Schmerzen hervorrufen oder auch die Menisken, können wegen Rissbildung schmerzen.»

«Nicht öffentlich, nicht wissenschaftlich»

Roland Liebscher-Bracht hat in schweren Fällen noch einen weiteren Pfeil im Köcher: Die von ihm entwickelte Osteopressur. Diese bieten nur von ihm ausgebildete Therapeuten an, und nur in seinen Kursen können die von Liebscher-Bracht definierten Osteopressur-Punkte am Körper kennengelernt werden.

Diese Nicht-Öffentlichkeit kritisiert Lukas Wildi. Vor allem stört er sich auch an der Nicht-Wissenschaftlichkeit: «Man kann sagen, wer heilt hat recht. Im Einzelfall kann eine Verbesserung aber auch einfach durch den Spontanverlauf bedingt sein. Das Buch gibt sich wissenschaftlich, bleibt den Beweis dafür jedoch schuldig.» So sei es ihm als Aussenstehendem zum Beispiel gar nicht möglich, zu beurteilen, was es mit der sogenannten Osteopressur auf sich habe.

Zwar empfiehlt Wildi das Buch interessierten Patienten: «Ich weise aber auch darauf hin, es kritisch zu lesen, und für sich zu entscheiden, was es bringt.»

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