Der San Giacomo Pass
Der San Giacomo Pass verbindet das Tessin mit dem italienischen Pomat. Heute ist der Pass nur noch Wanderern und Skitourengängern ein Begriff. Aber in den 30er-Jahren erhitzte er die Gemüter der Schweizer Armee.
Nirgendwo ist Italien den strategisch wichtigen Verkehrswegen durch und über den Gotthardpass so nahe. Die Distanz bis Airolo beträgt nur vierzehn Kilometer.
Mussolinis Strasse
1929 lässt der italienische Diktator Benito Mussolini eine Fahrstrasse bis auf die Passhöhe des San Giacomos bauen – offiziell für den Automobilsport und die touristische Erschliessung. Zur gleichen Zeit verspricht er seinem Volk aber auch «die von Gott gewollte Grenze». In der italienischen Presse steht geschrieben, dass dazu auch das Gotthardgebiet gehöre.
Eisenbahnwagen auf der Passhöhe
Als in den 30er-Jahren ein Speise- und ein Schlafwagen als Luxusherberge für die Mailänder Oberschicht auf die Passhöhe transportiert werden, läuten bei der Schweizer Armee die Alarmglocken. Die Wagons haben eine starke Symbolkraft. Wer es schafft Eisenbahnwagen auf den Pass zu bringen, könnte auch schwere Geschütze auffahren. Man fürchtet, dass Italien versuchen könnte, die Verkehrswege am Gotthard zu erobern.
Die eigentliche Bedrohung war Mussolinis Strasse. Die Bahnwagen waren eine Provokation mit grosser Symbolkraft.
Die Schweiz reagiert und rüstet auf. Bereits nach der Eröffnung des Gotthard-Bahntunnels 1882 hatte man grosse Festungen im Gotthardraum gebaut, aber in den Jahren vor und während dem Zweiten Weltkrieg entstehen die Grössten.
Einige sind heute deklassifiziert, das heisst aus der Geheimhaltung entlassen und können besichtigt werden. Wer das ehemalige Artilleriewerk Sasso da Pigna auf der Passhöhe besucht, sieht die Bunkerkanonen, die Stellungen auf der italienischen Seite des San Giacomo Passes getroffen hätten.
Den Tunnel in Airolo sprengen
Doch was wäre gewesen, wenn es die italienischen Truppen tatsächlich versucht und geschafft hätten in Richtung Gotthard vorzustossen? Die Eisenbahnlinie hätten sie trotzdem nicht erobern können. Das Tunnelportal in Airolo hätte man sprengen können. Es hätte kein Durchkommen mehr gegeben, zumindest für den potentiellen Feind aus dem Süden.
Wäre Mussolini nach Airolo vorgestossen, hätte man das Tunnelportal gesprengt.
Der geheime Bahnhof
Von Göschenen kommend hätten weiterhin Soldaten und Munition mit der Eisenbahn ins Tessin gebracht werden können. Die Schweizer Armee hatte vorgesorgt und zweihundert Meter vor Airolo eine Nothaltestelle im Bahntunnel gebaut.
Von dieser gelangt man über ein kilometerlanges Stollensystem direkt in die Festungen am Südhang des Gotthardmassivs.
Betonsäulen auf der Alp
Tempi passati. Den unterirdischen Bahnhof gibt es zwar noch immer, genutzt wurde er aber nie. Er gehört zum deklassifizierten Teil des Forte Airolo.
Auf dem San Giacomo Pass stehen keine Eisenbahnwagen mehr. Nur noch Betonsäulen stehen verloren in der Landschaft. In verschiedenen Dokumenten steht geschrieben, dass Partisanen das Ausflugsziel 1943 gesprengt hätten.
Ein Zeitzeuge erzählte der Zeitschrift «wandern.ch» allerdings, dass er noch 1948 im Speisewagen eingekehrt sei.