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Warten auf Asyl Tag 2: Der Besuch

Die Nacht war lang, respektive kurz – je nach Ansicht. Dies lag weniger an Schnarchern als an verschobenen Tagesrhythmen. Ab Mittag waren aber wieder alle fit. Denn es kam eine Schulklasse zu Besuch.

Den gestrigen Blog schloss ich mit der Frage, ob im Massenschlag wohl stark geschnarcht wird. Das kann ich verneinen. Mit mir sind es elf Personen im Zimmer und glücklicherweise für mich «sägt» davon niemand. Dennoch kam ich eher zu wenig Schlaf. Bis um etwa ein Uhr Nachts herrschte nämlich reger Betrieb im Zentrum, Videos mit orientalischen Klängen wurden abgespielt, es wurde gegessen und getrunken und es gab auch späte Rückkehrer. Irgendwann nach Mitternacht ging zwar das Licht aus – aber da die Zimmer keine Türe haben hört man eigentlich die ganze Nacht Schritte oder ein Kästchen, das irgendwo aufgemacht wird.

Späte Nachtruhe

Meine Matratze ist eigentlich angenehm weich, aber sie hat unter dem Fixleintuch eine Art Plastik-Überzug, der sich seltsam anfühlt und bei jeder Bewegung knistert. Ausserdem hat es auf beiden Seiten der Matratze eine Metallabschrankung, wodurch ich mich etwas eingeengt fühlte. Aber ich bin dankbar, ist die Unterkunft momentan nur zur Hälfte besetzt und so können wir uns im Raum etwas auf die Betten verteilen. Ich glaube, ich werde mich an die neuen Störeinflüsse in der Nacht relativ rasch gewöhnen, spätestens wenn die Müdigkeit siegt.

Arbeiten versus Ausschlafen

Schon gestern hat mir der Zentrumsleiter mitgeteilt, dass ich heute Morgen mit Osman ab neun Uhr Putzdienst habe. Geputzt wird hier ja drei Mal am Tag und so können sich die Bewohner etwas zu ihrem Grundbeitrag dazuverdienen. So stand ich also eine Stunde vorher auf, ging Duschen und ass Frühstück. Gleichzeitig schlafen aber einige Bewohner bis Mittag aus. Eine wohl nicht so einfache Koexistenz, gerade wenn jemand ein Arbeits-Engagement hat. Ein Bewohner aus Afghanistan sagte mir, er würde am liebsten schon um acht Uhr abends ins Bett um im Deutschkurs oder bei Arbeitseinsätzen fit zu sein aber das sei in solch einer Anlage schlicht unmöglich.

Besuch einer Schulklasse

Gegen Mittag kamen dann elf Schülerinnen und Schüler der Deutschsprachigen Orientierungsschule Freiburg zu Besuch. Dies ist mittlerweile seit Jahren Tradition. Es wurde zusammen grilliert, gegessen, Tisch- und auch richtiger Fussball gespielt. Am Ende sassen sich die Bewohner und Schüler gegenüber und einige Asylsuchende erzählten über ihre Flüchtlingsroute. Für ihr gutes Deutsch ernteten sie anerkennenden Applaus von den Schülern.

Für mich war es beeindruckend zu sehen, wie unkompliziert die Schüler und einige Bewohner miteinander umgingen, miteinander kommunizierten. Als würden sie sich jede Woche treffen. Nicht alle Bewohner waren gleich stark interessiert am Austausch: Einige sassen lieber etwas abseits. An meinem zweiten Tag merke ich immer mehr, dass die Bandbreite an Charakteren, am Lernfortschritt fremder Sprachen und generell der Offenheit unter meinen Mitbewohnern sehr gross ist. Genau das macht es so spannend für die nächsten Tage.

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