Wer im interreligiösen Dialog engagiert ist, sieht sich oft mit einem Vorbehalt konfrontiert: «Bei euch machen sowieso nur die offenen und toleranten Menschen mit. Das Bild, das ihr von der Religion vermittelt, ist beschönigend und realitätsfremd. Menschen mit extremen Haltungen nehmen nicht an solchen Gesprächen teil, noch kommen sie darin vor.» Dennoch haben interreligiöse Aktivitäten in den letzten zwanzig Jahren an Bedeutung gewonnen.
Integrationsfördernde Elemente
Der Dialog kann Zugewanderten helfen, die Regeln der Schweizer Gesellschaft kennenzulernen. Vorurteile werden abgebaut, aus Menschen mit unterschiedlichen Ansichten können Verbündete werden. Muslimische und jüdische Jugendliche sprechen miteinander über antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus. Muslime und neuerdings Hindus lernen von Christen und Juden, dass ein Dachverband nützlich sein kann, um den Behörden gegenüber ihre Anliegen zu vertreten. Wer sich besser kennt, traut sich auch mehr Gemeinsames zu: Im Haus der Religionen in Bern wird gemeinsam gefeiert und über politisch relevante Themen debattiert. In Zürich feiern Christen aus aller Welt konfessionsübergreifend die Stadtheiligen Felix und Regula.
Praktische Aspekte
Viele stellen sich beim Begriff «interreligiöser Dialog» ein Gespräch unter gebildeten älteren Herren vor, die sich über komplexe Religionsfragen unterhalten. Tatsächlich widmen sich viele der gegenwärtigen Dialog-Initiativen praktischen Fragen zur Bewältigung des religiösen Alltags. So konnten zum Beispiel Grabfelder eingerichtet werden, die Rücksicht auf besondere religiöse Anforderungen nehmen. Durch Dialog wird auch Sichtbarkeit hergestellt. Religionen sollen sich in der Schweiz nicht verstecken müssen.
Die Grenzen des Dialogs
Der interreligiöse Dialog wird aber nicht alle Probleme der Gesellschaft in ihrem Umgang mit Religion lösen können. Das TV-Experiment «WG der Religionen» hat gesellschaftliche Themen aufgegriffen, die auch künftig für Diskussionen sorgen werden. Der Einbezug atheistischer Positionen bietet einen interessanten Zugang, der im interreligiösen Dialog bisher eher unüblich ist.