Wie ein Nest klebt sie am Felsen: Die Oberaarjochhütte auf 3258 Metern über Meer ist eine der exponiertesten SAC-Hütten der Schweiz. Erreichbar nur über Gletscher und steile Felsrouten ist sie ein Refugium für Bergsteiger – und eine Herausforderung für ihre Bewirtschafter. Seit einem Jahr führen Corsin Flepp und Brigitte Parson die Hütte im Wallis.
Brigitte stammt aus Tirol und arbeitet als Steuerberaterin, während Corsin, obwohl pensioniert, als Förster in Curaglia GR tätig ist. Schon früher bewirteten sie Hütten im Wallis – sie kennen das Hochgebirge gut.
Gefahr im Hochgebirge
Das Wetter kann hier oben rasch umschlagen, Schneestürme und Whiteouts – erhebliche Kontrastverringung durch starkes Tageslicht, bedeckten Himmel über verschneitem Gebiet, wodurch das ganze Blickfeld gleichmässig hell scheint – sind keine Seltenheit. Wer sich auf den Weg macht, sollte vorbereitet sein – und sich melden, wenn er absagt. Brigitte: «Ich verstehe es, wenn jemand storniert. Es ist nur nicht okay, wenn einer nicht absagt. Erstens habe ich Bedenken, ob etwas passiert ist. Und zweitens muss ich vielleicht schauen, wo der ist.»
Die Natur gibt den Takt vor, sie kann nicht beeinflusst werden. «Es lohnt sich nicht, sein Leben zu riskieren», sagt die Tirolerin. Sie kennt die Gefahren aus Erfahrung: «Es ist für uns Hüttenwarte eine ganz schwierige Situation, wenn Leute nicht auftauchen. Man weiss nicht: Sind sie losgegangen? Brauchen sie Hilfe? Haben sie kein Netz? Wenn es sich zuspitzt, nehme ich Kontakt mit den Rettungsorganisationen auf.»
Ihr Weg in die Berge
Seit Jahren arbeiten Brigitte und Corsin in Berghütten. Das Leben dort ist anspruchsvoll, aber sie lieben es. «Die Faszination der Hütte ist die Lage. Es gibt wenige in der Schweiz, die so exponiert sind», erklärt Corsin. Man müsse die Natur lieben, um diesen Job zu machen.
Brigitte wusste sofort, dass sie hierher gehört: «Als ich die Ausschreibung gelesen und mir im Internet die Bilder angeschaut habe, wusste ich sofort: Da will ich hin. Gletscher, Einsamkeit, eine richtige Hütte.»
Der Alltag ist intensiv, die Arbeit vielseitig. Man muss vieles können: Kochen, die Haustechnik warten, Unternehmer sein und die Gäste betreuen. Besonders wichtig sei aber auch eine Auszeit. Nach drei Wochen auf der Hütte geht Brigitte in den «Ausgang». Ausgang, das bedeutet für sie: hinunter auf den Gletscher, für ein paar Stunden raus in die Natur und weg von der Hütte.
Es geht bergauf
Die erste Saison war voller Herausforderungen. Doch Brigitte findet es spannend auf der Hütte, da immer viele unvorhergesehene Dinge passieren. Das Gas geht aus, es fällt viel zu viel Schnee, und manche Leute stecken fest auf der Hütte. Brigitte zieht trotz Schwierigkeiten auf der Hütte ein positives Fazit.
Auch Corsin beurteilt den Winter als nicht einfach, will aber nicht sagen, dass es schlecht war. Sie machen gute Erfahrungen und sind nun langsam eingespielt. Für die Zukunft sind sie zuversichtlich, sie konnten einige Fehler erkennen – vor allem logistische.
«Die Logistik auf der Oberaarjochhütte haben wir ein bisschen unterschätzt», gesteht Corsin. Der Helikopter-Pilot kann nur landen, wenn die Bedingungen stimmen – und das ist auf dem Gletscher oftmals nicht der Fall. Sie werden mit dem Wetter noch geduldiger sein müssen. Im zweiten Jahr gehe es immer bergauf, meint Corsin. Er und Brigitte freuen sich, die Hütte noch für mehrere Jahre bewirtschaften zu dürfen.