SRF: 2013 sagten sie in einem Interview, sie würden gerne einen Kommissar spielen, fühlten sich aber noch «zu jung». Nun sind Sie offenbar alt genug, in «Wilder» verkörpern Sie Kommissar Kägi. Was braucht es – nebst einem gewissen Alter – für die gelungene Darstellung eines Kommissars?
Marcus Signer: Ein guter Kommissar verfügt über Lebenserfahrung und Menschenkenntnis. Er hat einen Riecher für wahre oder gelogene Aussagen. Als Angestellter der Justiz ist er abhängig von Beweismaterial und Indizien – aber die können gefälscht sein.
Es braucht also eine gute Portion Skepsis, dennoch sollte man den Blick für das Gute im Menschen nicht verlieren. Letztlich schlummert doch in jedem von uns ein kleiner Verbrecher – aber auch ein kleiner Detektiv.
Alles in allem also ein schwieriger Beruf und damit eine spezielle Aufgabe für einen Schauspieler: Als Kommissar dient man einer Sache und muss die Persönlichkeit in den Hintergrund stellen. Einer solchen Figur dennoch ein Profil als Privatperson zu verleihen, ist ein hoher Anspruch.
In einer Serie hat man mehr Möglichkeiten, Facetten der Figur auszuarbeiten.
Was reizte Sie an der Rolle des Bundeskriminalbeamten Manfred Kägi?
Kägi ist ein schwer fassbarer Einzelgänger, ein eitler Geck. Er verkörpert einige Tabus, die gutbürgerliche Schweizer eher meiden: Er lebt in einem Wohnwagen und man fragt sich, ob er irgendwo noch ein festes Zuhause hat.
Mich reizte an der Rolle ausserdem, dass er nach einem traumatischen Erlebnis eigentlich gar nicht mehr als Polizist arbeiten möchte – und dass ihn diese Vergangenheit wieder einholt. Und dass er nicht heterosexuell ist.
Ich bin nicht homosexuell, nehme aber gerne die Herausforderung an, Figuren zu spielen, die es sind. Wie schaffe ich es, die sexuelle Orientierung durchschimmern zu lassen ohne dass es aufgesetzt oder klischiert wirkt?
Bisher waren Sie hauptsächlich auf der Bühne und in Spielfilmen zu sehen. Wie war die Arbeit am Set einer Serie?
Der Bogen des Erzählstranges ist verzettelter. Abhängig vom Handlungsort werden Szenen aus verschiedenen Episoden gedreht. Dafür hat man mehr Zeit und somit Möglichkeiten, Facetten der Figur auszuarbeiten.
Ich kann zeigen, wie sich Kägi in unterschiedlichen Situationen verhält – etwa wenn er alleine unterwegs oder mit seinem Vorgesetzten konfrontiert ist.
Am liebsten würde ich in einer Badeanstalt oder auf einem Jahrmarkt drehen.
«Wilder» spielt im Berner Oberland, gedreht wurde auf dem Urnerboden. Behagt Ihnen diese gebirgige Landschaft?
Ja, aber nicht zu lange. Es hatte viel Schnee, zeitweise fielen die Temperaturen weit unter den Gefrierpunkt. Der Urnerboden ist ein schöner Ort. Ein relativ offenes Hochtal, umgeben von beeindruckend geformten Felsen.
Ich schätzte die abgeschiedene Lage: Der Ort ist im Winter bloss von einer Seite her erreichbar. Anders als im Berner Oberland gab es keine Touristenströme. Das machte die Dreharbeiten sehr angenehm.
Würden Sie Kägi in einem weiteren Fall ermitteln lassen?
Auf jeden Fall. Interessant wäre ein Fall mit Bezug zu einem aktuellen Thema wie Migration, AHV oder Drogenpolitik – das betrifft einen Grossteil der Bevölkerung.
Auch interne Ermittlungen würden mich reizen, es gibt genug schwarze Schafe bei der Polizei. Am liebsten würde ich in einer Badeanstalt oder auf einem Jahrmarkt drehen – ich mag den Trubel und die Stimmung da.
Das Gespräch führte Katharina Flieger