«Es ist in den vergangenen Tagen auch schon geschrieben worden, dass ich nicht mit Druck umgehen kann», lächelte Marco Odermatt im Siegerinterview verschmitzt in die Kamera. Die Speed-Rennen bei Olympia in Peking mit Platz 7 in der Abfahrt und dem Ausfall im Super-G, sie schienen schon etwas am Nidwaldner genagt zu haben.
Wir hatten vom ersten Tag an Mühe, das perfekte Setup zu finden.
Dass es nun in seiner Parade-Disziplin, dem Riesenslalom, aufgegangen ist, schrieb er nicht primär seinen Nerven zu: «Es ist immer auf Messers Schneide. Ich habe im 2. Lauf alles riskiert. Ein kleiner Fehler wie im Super-G und jeder sagt wieder, ich hätte die Nerven nicht.» Eine Portion Glück gehörte bei den herrschenden (schwierigen) Bedingungen bestimmt auch dazu.
Neue Ski, neue Bindungen
Noch entscheidender dürfte aber auch der Mut des erst 24-Jährigen gewesen sein. Denn: Nach dem 1. Lauf, in welchem er die schnellste Zeit gefahren war, wechselte er das komplette Setup; Ski, Bindung, nichts blieb beim alten. Odermatt liess durchsickern, dass das Material auch in den vergangenen Tagen ein grosses Thema gewesen war: «Wir hatten vom ersten Tag an Mühe, das perfekte Setup zu finden.»
Am Tag X wurde man aber doch noch fündig. Genau deswegen war «Odi» im Ziel umso dankbarer: «Es ist unglaublich, wie viel Unterstützung ein Athlet erhält.» Er nannte die Familie, das Team, Sponsoren, seinen Skihersteller und den Service-Mann. Diese Medaille sei für sie alle.
Ich weiss nicht, ob du als Ski-Rentner wirklich schon um 3 Uhr morgens Schweizer Zeit für den 1. Lauf aufgestanden bist.
Zumindest bei der Siegerzeremonie: Adelboden über Olympia
Die Medaille von Beat Feuz (Abfahrt) hatte Odermatt übrigens bewusst nur aus der Ferne betrachtet: «Ich habe Feuz' Goldmedaille bewusst nie angefasst, da ich das als schlechtes Karma empfunden hätte.»
Der Führende im Gesamtweltcup ist eben auch einer, der die Momente bewusst wahrnimmt, geniesst und beinahe über die Erfolge zu stellen scheint. So sagte er auch vor der Medaillenzeremonie zu seinem ersten Erfolg bei einem Grossanlass: «Ich freue mich schon, aber so emotional wie in Adelboden vor 20'000 Schweizern wird es nicht.»
So oder so: Die Schweiz jubelte zuhause über die 3. Goldmedaille in Peking mit. Zuvor hatten Feuz und Lara Gut-Behrami (Super-G) dasselbe erreicht. Die Bronze-Erfolge von Gut-Behrami (Riesenslalom), Wendy Holdener (Slalom) und Michelle Gisin (Super-G) runden die bisherigen Resultate der Schweizer Alpinen ab.
Einer, der auch mitgejubelt hat, war Carlo Janka. Der letzte Schweizer Riesenslalom-Olympiasieger (2010 in Vancouver) traf den Nagel auf den Kopf, als er zu Odermatt sagte: «Du bist der logische Sieger. Das war souverän, einmal mehr.» Dieser konterte in gewohnt lockerer Manier: «Danke, Carlo. Ich weiss aber nicht, ob du als Ski-Rentner wirklich schon um 3 Uhr morgens Schweizer Zeit für den 1. Lauf aufgestanden bist.»