Sein Beruf sei doch ganz «hübsch», pflegt Andres Ambühl jeweils mit einem seiner Lieblingsadjektive zu sagen. Das gilt auch in der wenig glamourösen Atmosphäre beim Training in Oerlikon. Hauptsache, Ambühl hat Schlittschuhe an und Eis unter den Füssen. Am letzten Samstag absolvierte der Bauernsohn gegen Lettland sein 305. Länderspiel und zog mit Mathias Seger gleich. Wenn nichts dazwischenkommt, übertrifft er den langjährigen ZSC-Verteidiger am Donnerstag in Göteborg gegen Schweden.
Ambühl ist nicht bekannt für überschwängliche Emotionen. «Ich habe mir das noch nicht so überlegt», stellt er im Gespräch mit Keystone-SDA fest, fügt dann aber immerhin an: «Es ist schon sehr speziell. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Seger bis jetzt am meisten hat.» Auch wenn er im September 40-jährig wird, scheint der Zahn der Zeit überhaupt nicht am Davoser zu nagen. Eben erst hat er seinen Vertrag beim HCD um weitere zwei Jahre verlängert. Das macht (und erhält) nur einer, der scheinbar das Geheimnis der ewigen Jugend entdeckt hat.
Wird er denn nie müde? Ambühl lässt sich das für ihn so typische Lachen voller Schalk entlocken. «So wie alle anderen», behauptet er. «Aber ja, auf dem Eis läufts einfach. Ich fühle mich nicht wie vierzig.» Der fünffache Schweizer Meister macht sich aber auch keine Illusionen. «Es kann schnell gehen, und dann wird es anders. Im Moment geniesse ich es einfach noch.»
Der Abschied wird schwerer
Obwohl er mittlerweile Vater von zwei Töchtern ist, war ein Verzicht auf die WM kein Thema. «Es ist sicher so, dass dir das Gehen schwerer fällt und dir die Zeit länger vorkommt. Aber ich erhalte grosse Unterstützung von zuhause. Und in der heutigen Zeit haben wir das Glück, dass man sich über Facetime sehen kann.»
Wenn du ein Aufgebot bekommst, gehst du.
An der WM kann Ambühl eigene Rekorde weiter steigern. Es wird seine 18. sein, bereits die 17 bisherigen sind unerreicht – wie auch die bislang 123 WM-Partien. Sein Debüt gab er am 25. April 2004 in Prag und erzielte beim 6:0 gegen Frankreich gleich ein Tor. Verrückt: Damals war der heutige Nationaltrainer Patrick Fischer Ambühls Mitspieler. Seither hat er nur eine WM – 2018 wegen einer Verletzung – verpasst.
2018 nicht vor dem TV
Den Lauf zur Silbermedaille vor 5 Jahren verfolgte er nicht mit. Zu sehr hätte es geschmerzt, den Teamkollegen nur am TV zuschauen zu können. Fünf Jahre davor konnte er sich aber in Stockholm selber über Silber freuen. Die Rückkehr nach Schweden ist also speziell, gerade für einen, der das schwedische Hockey bewundert.
Schweizer Rekordspieler
1. | Andres Ambühl | 305 |
Matthias Seger | 305 | |
3. | Ivo Rüthemann | 270 |
4. | Sandy Jeannin | 236 |
Martin Plüss | 236 | |
6. | Martin Steinegger | 219 |
7. | Jakob Kölliker | 213 |
8. | Julien Vauclair | 210 |
9. | Mark Streit | 200 |
Ambühl überstand auch die Verjüngungskur nach den enttäuschenden Spielen in Peking. Zu unverzichtbar ist das oft «Duracell-Hase» genannte Energiebündel gerade auch in seiner Vorbildfunktion. Als selbstverständlich sieht er dies nicht. «Wenn du ein Aufgebot bekommst, gehst du», betont er. «Die Nati ist ein Privileg. Wenn du nicht mehr dabei bist, hat das seine Gründe, und du musst es akzeptieren.» Wie es ist, wenn man das akzeptieren muss, weiss Ambühl allerdings bis heute nicht.