Es war das symbolische Bild nach dem Champions-League-Final am Sonntagabend in Lissabon. Neymar weinte, und keiner konnte ihn wirklich trösten. Auch nicht Bayerns David Alaba, der sich nach Abpfiff mehrere Minuten um den Brasilianer kümmerte.
Die Münchner hatten PSG mit 1:0 geschlagen. Neymar war am Boden zerstört. «Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten», schrieb der Brasilianer wenig später auf Instagram.
Der «neue» Neymar
Damit hat Neymar durchaus recht. Die Nummer 10 bei Paris trat an diesem Abend als Leader auf. Es war ihm anzumerken, dass er den ersten CL-Titel nach Paris holen wollte. Auch wenn er nicht seine beste Leistung abrufen konnte, er kämpfte, strahlte Gefahr aus, scheiterte aber in aussichtsreicher Position an Manuel Neuer.
Nicht mehr viel war zu sehen von der früheren Schauspielerei, wie man sie beispielsweise noch von der WM 2018 kennt. Wohl auch im Wissen, einen grossen Kampf abgeliefert zu haben, war Neymars Enttäuschung doppelt gross.
«Wir glauben noch mehr daran als vorher»
«Untröstlich», schrieb die französische Sportzeitung «L'Équipe» am Montag in grossen Lettern über ein Titelbild mit Neymar und kommentierte «Bonjour Tristesse». Wieder wurde es nichts mit dem grossen Ziel des Klubs mit den reichen Geldgebern aus Katar.
«Natürlich sind wir traurig», sagte PSG-Präsident Nasser Al-Khelaïfi. «Wir werden daran arbeiten, die Champions League zu gewinnen, wir waren nah dran und nach diesem Abend glauben wir noch mehr daran als vorher.»
Ein Team aus Superstars
Dass PSG nun noch mehr daran glaubt, ist auch das Verdienst von Trainer Thomas Tuchel. Der Deutsche hat es geschafft, ein Team aus eigenwilligen Superstars zu formen. Eine Aufgabe, die bisher noch keinem Coach bei Paris seit der Lancierung der katarischen Geldspritze 2011 gelungen ist.
Silva geht – wie sieht Tuchels Zukunft aus?
Tuchels Vertrag in der französischen Hauptstadt läuft noch bis 2021. In den Medien wird über einen frühzeitigen Abgang spekuliert. Tuchel selbst gibt sich gelassen. Angesprochen, ob er denn bei PSG bleibe, antwortet er: «Ich weiss nichts anderes. Ich gehe davon aus. Wir haben am Samstag ja ein Punktspiel.»
Bei Aufsteiger RC Lens muss der noch 46-Jährige, der am Tag des Spiels 47 wird, dann antreten – mit Neymar, Kylian Mbappé und all den anderen Stars aus seiner Mannschaft. Allerdings ohne Captain Thiago Silva.
Der Brasilianer hat am Sonntagabend sein letztes Spiel für PSG bestritten. Er will irgendwann in neuer Rolle zum Klub zurückkehren. Davor will er aber noch einige Jahre spielen. Wo dies sein wird, steht noch nicht fest.
An der Spitze angekommen
Der Champions-League-Titel war und ist nach wie vor das grosse Ziel von Paris Saint-Germain. In den letzten Jahren scheiterten die Franzosen mangels Teamspirit. Doch in den letzten Wochen in Lissabon hat PSG gezeigt, dass der Klub endgültig zur europäischen Spitze gehört: mit einem harmonierenden Star-Ensemble, geleitet von einem akribischen Trainer.
Geduld ist gefragt
Bleibt abzuwarten, ob die katarische Klub-Führung die Geduld aufbringt und auf diesem funktionierenden Fundament aufbaut, um den Henkelpott in der nächsten Saison endlich nach Paris zu holen. Oder in den Worten von Thomas Tuchel: «Wir werden allen zeigen, dass das, was wir aufgebaut haben, erst der Anfang ist und nicht der Höhepunkt.»