Aus der Startelf der an dieser EURO bislang begeisternden Österreicher ist Marko Arnautovic nicht mehr wegzudenken. Nachdem im Auftaktspiel gegen Frankreich (0:1) noch Michael Gregoritsch den Vorzug erhalten hatte, durfte Arnautovic gegen Polen (3:1) und die Niederlande (3:2) von Beginn an ran.
Und nicht nur das: Der 35-jährige Stürmer von Inter Mailand trug bei den 2 Siegen die Kapitänsbinde und markierte gegen Polen per Elfmeter souverän die wichtige 3:1-Vorentscheidung in der 78. Minute.
Dabei war auf Arnautovic in seiner mittlerweile langen Karriere nicht immer so Verlass gewesen. Lange Zeit galt er als «Enfant terrible», ein hochtalentierter wie unberechenbarer Lausbub, der immer wieder Skandale produzierte – Vergleiche mit Mario Balotelli wurden nicht nur wegen der gleichen Position und der Inter-Vergangenheit gezogen.
Dank der Familie gereift
Doch nun gilt der geläuterte Rebell Arnautovic als einer der grossen EM-Trümpfe Österreichs. Diese beachtliche Wandlung hat viel mit Ehefrau Sarah und den beiden Töchtern zu tun. «Marko ist als Mensch, als Person und als Familienvater noch mal gereift», sagt Nationaltrainer Ralf Rangnick: «Wir hatten auch das eine oder andere Gespräch über die Familie, über seinen Vater, über meinen Vater. Ich schätze Marko nicht nur als Spieler, sondern auch als Mensch.»
Ein fantastischer Typ mit der Einstellung eines Kindes.
Arnautovic wuchs als Sohn eines Serben und einer Österreicherin in einer Hochhaussiedlung in Wien-Floridsdorf auf, Fussball spielen lernte er in den Käfigen seiner Heimat, seine Kumpels sassen später im Gefängnis. Er aber nicht und mitgenommen hat er nur die Flausen. Sein Talent führte ihn über die Niederlande 2009 zunächst zu Inter Mailand, wo ihm Jose Mourinho vorwarf, ein «fantastischer Typ mit der Einstellung eines Kindes» zu sein, nachdem Arnautovic unter anderem mehrmals zu spät gekommen war.
Nach seiner Zeit in Bremen fing sich Arnautovic so langsam in der englischen Premier League bei Stoke City – als Teamkollege von Xherdan Shaqiri – und West Ham United. Einem Intermezzo in China folgte die Rückkehr nach Italien, wo er in der letzten Saison ausgerechnet bei Inter Mailand so etwas wie seinen 3. Frühling erlebte (7 Tore in 35 Spielen).
Ein echter Leader
Im EM-Achtelfinal am Dienstag gegen die Türkei ist Arnautovic ein Schlüsselspieler Rangnicks. Weil der eigentliche Kapitän David Alaba nach einem Kreuzbandriss ausfällt, gibt Arnautovic auf dem Feld den Takt vor, er führe die Mannschaft «genau so, wie er ist, auf seine Art auch richtig», so Rangnick.
Er hat alle Qualitäten, die ein Stürmer braucht. Er kann den Unterschied ausmachen.
Dabei war sich Arnautovic gar nicht sicher, ob das mit ihm und Rangnick passen würde, als jener 2022 die Mannschaft übernahm. Wegen der Spiel-DNA, die Rangnick einst schon RB Salzburg und RB Leipzig eingeimpft hatte. «Ich habe gedacht, jetzt kommt die Red-Bull-Schule zu uns und jetzt wird es ein bisschen schwierig für mich, weil ich in meiner Karriere nie dieses Pressing-Spiel gemacht habe», sagte Arnautovic.
Doch der Coach zerstreute die Bedenken sehr schnell. «Er ist immer noch schnell genug», so Rangnick, «vielleicht nicht mehr für den Flügel, aber für das Zentrum allemal, und er hat alle Qualitäten, die ein Stürmer dort braucht.» Arnautovic sei auch 2024 ein Spieler, der «noch den Unterschied machen kann». Im Gegensatz zu anderen Dingen wird sich dies wohl auch niemals ändern.