Seit rund 10 Monaten hat Alex Wilson seine Trainingsbasis in London. Der beste Schweizer Sprinter quält sich dort unter der Leitung der beiden jamaikanischen Coaches Lloyd Cowan und Clarence Callender täglich. Kompromisse gibt es dabei keine:
- Trainiert wird während 6 Stunden am Tag, der jeweils mit einer Yoga-Einheit beginnt.
- Eine Halle gibt es nicht, trainiert wird draussen. Auch bei Minusgraden.
- Zum Abschluss jeder Einheit steht ein 400-m-Lauf auf dem Programm. Wer diesen nicht unter 49 Sekunden absolviert, muss vor den Augen seiner Teamkollegen noch einmal ran.
- Der Ernährungsplan ist individuell und strikt. Wilson hat in den letzten Monaten 6 Kilogramm abgenommen.
- Ein Jahr in der Londoner Trainingsgruppe kostet gemäss der NZZ 80'000 Franken . 60'000 berappt Wilson mit Hilfe seiner Sponsoren selbst, den Rest übernimmt Trainer Cowan: «Weil ich an ihn glaube.»
«Es war ein Kulturschock, als ich hier angekommen bin. Ich habe mehrmals ans Aufgeben gedacht», gibt Wilson zu.
Doch die Schinderei lohnt sich. Das zeigte sich nicht zuletzt im Mai, als der 25-Jährige mit 10,11 Sekunden einen neuen Schweizer Rekord über 100 m aufstellte – und wenig später über 200 m nachdoppelte (20,37 Sekunden).
Verbal nicht mehr ganz so forsch
Damit löste Wilson das Ticket für die WM, seine «Heim-WM» in London, die am kommenden Freitag beginnt. Anders als in der Vergangenheit («Dr Bolt isch verbi, jetzt chunnt dr Wilson!») verzichtet der Mann mit dem losen Mundwerk mittlerweile auf faule Sprüche.
Im Hinterkopf verfolgt Wilson seinen ganz grossen Traum. Er möchte über 100 m die 10-Sekunden-Mauer knacken. Er ist mehr denn je überzeugt davon, dass er das schaffen kann. Dem knallharten Training in London sei Dank.
Sendebezug: SRF zwei, sportaktuell, 28.7.17, 22:25 Uhr