Als Aussenseiterin nach Italien angereist, im 100-m-Lauf am Sonntagabend eine Medaille klar verpasst, und nun Europameisterin über 200 m. Die Wandlung von Mujinga Kambundji innerhalb von 48 Stunden ist frappant. Manch einer zweifelte ob ihrer Aussage, es wäre alles da, aber es klappe einfach nicht.
Doch die bald 32-Jährige bewies, dass es im Sprint einen Klick-Effekt gibt. Die Olympia-Finalistin konnte in ihrer Lieblingsdisziplin den Schalter umlegen, der sie wieder an Europas Spitze katapultierte.
Die Wandlung vollzog sich in Rom in zwei Akten: Platz 8 im 100-m-Lauf war enttäuschend, aber zuvor in den Halbfinals (11,09) hatte die Sprinterin doch gespürt, dass nicht mehr viel fehlt. «Der Schlüsselmoment kam dann am Montag», sagte Kambundji. Der Halbfinal über 200 m, den sie ohne Druck oder konkrete Erwartungen in Angriff nahm, gelang wie aus einem Guss. «Ab jetzt kann ich endlich wieder befreit laufen», prognostizierte sie.
Mit Überzeugung zu Gold
Kambundji hatte gerade noch rechtzeitig die Überzeugung für einen Goldlauf gefunden. Als Routinière liess sie sich diese unerwartete Chance nicht entgehen: Ein explosiver Start, ein starker Kurvenlauf, und als die Britin Daryll Neita auf den letzten Metern vorbeizuziehen schien, gelang ein Konter, um mit einem Hundertstel Vorsprung in starken 22,49 Sekunden zu gewinnen.
«Es waren schwierige Wochen. Dass ich hierher kommen und gewinnen kann, macht mir richtig Freude», bilanzierte Kambundji. Nach Problemen mit dem Fuss war sie ihrer Top-Form zuletzt über ein Jahr hinterhergerannt. «Ich wusste, die anderen Athletinnen sind auch stark», betonte die WM-Dritte von 2019: «Aber es ist aufgegangen.»
Nach dem EM-Titel von München doppelte die Bernerin damit nach: «Als Titelverteidigerin anzutreten und den Titel dann auch zu verteidigen – das ist schön», strahlte Kambundji.
Fokus auf Paris
Nun richtet die Sprinterin den Blick nach Paris. «Die Goldmedaille gibt mir wirklich Zuversicht», sagte sie im Stadio Olimpico. Sie habe zweimal gute Zeiten gelaufen, jetzt könne gezielt weiter trainiert werden.
Dass die Olympischen Spiele bereits fest im Kopf Kambundjis sind, merkte man am Dienstagabend auch schon kurz nach dem Gold-Coup: «Allzu lang möchte ich nicht hier bleiben und festen. Sondern mich erholen – und dann zurück ins Training.»
