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Eine Reportage aus Doha Bei der WM ist tropisch nur der Vorname

Mässig Publikum und wenig Komfort. Dafür enorme Hitze, aber auch viel Bemühen seitens des Organisators. Ein Erlebnisbericht von der WM in Doha.

Nun haben sie also begonnen, die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha. Die ganz grosse Euphorie ist in Katar noch nicht ausgebrochen. Die oberen Ränge des über 40'000 Zuschauern fassenden Khalifa International Stadiums sind mit Planen abgedeckt, die verschiedenfarbigen Schalensitze lassen die Arena voller aussehen, als sie tatsächlich ist.

Die Frage, weshalb ausgerechnet hier eine WM stattfindet, stellt man sich immer wieder. Die fehlende Leichtathletik-Historie des Emirats am Persischen Golf ist nur ein Punkt. Dass jüngst Bestechungsvorwürfe bezüglich der WM-Vergabe laut wurden, überrascht in der heutigen Zeit auch niemanden mehr.

Spass hat dabei niemand

Und dann wäre da auch noch die viel thematisierte Hitze. Tropisch ist nur der Vorname. Es fühlt sich an, als würde man sich im Dunstkreis eines LKW-Auspuffes bewegen, nur will dieser feuchtschwüle Schwall dann einfach nicht mehr abreissen. Beim Verlassen des klimatisierten Hotels beschlagen sogar die Brillengläser.

Das ist natürlich alles nicht der Rede wert, schaut man sich die Leistungen der Marathonläuferinnen an. Bei einer gefühlten Temperatur weit über 40 Grad mühten sie sich ins Ziel. Oder – wie es ein deutscher Kollege formulierte – kippten buchstäblich aus den Latschen. Spass hat dabei mitten in der Nacht niemand, weder Athleten noch Zuschauer.

Man hilft, wo man kann

Was tun also? Der Schweizer Teamarzt Patrik Noack empfiehlt, sich so lange wie möglich im Hotel aufzuhalten. Nun ist das im Falle des Schweizer Teams und zahlreicher anderer Nationen so eine Sache. Denn: Doha mag zwar über eine extrem hohe Dichte an Luxus-Hotels verfügen, die Unterkunft der Athleten gehört aber eher in die Kategorie «schäbig».

Es sei «nicht gerade ideal», formulierte es Kariem Hussein diplomatisch, die niederländische Sprinterin Dafne Schippers wählte bei ihrem «Shitstorm» auf Instagram drastischere Worte.

Nach dem ersten Tag alles schlecht zu reden, würde den Organisatoren aber nicht gerecht werden. Der Dresscode – Frauen dürfen im Stadion nur lange Kleidung tragen – wird sehr liberal interpretiert. Die Stimmung am ersten Abend war überraschend ausgelassen.

Und, das gilt es ebenfalls zu erwähnen: Die Katarer sind extrem gastfreundlich. Man hilft, wo man kann. Da schaut man auch grosszügig darüber hinweg, dass das Transportsystem noch viel Luft nach oben hat.

Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 27.09.19, 15:50 Uhr

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