Im bereits stolzen Sportler-Alter von 38 Jahren kann sich Simon Tesfay endlich seinen Traum erfüllen. Der Marathonläufer darf sich am Sonntag erstmals auf der grösstmöglichen Leichtathletik-Bühne präsentieren. Wenn an der WM in Budapest der Marathon startet, wird neben Tesfays Name die Schweizer Flagge prangen. Und das ist keine Selbstverständlichkeit.
Ich habe als Kind immer davon geträumt, an Weltmeisterschaften zu laufen.
Seit 20 Jahren lebt der eritreische Flüchtling in der Schweiz. 20 Jahre lang hat er dafür gekämpft, den Schweizer Pass zu erhalten, das Trikot mit dem Schweizer Kreuz tragen zu dürfen. Im April hat es dann endlich geklappt.
«Extrem emotional» sei es gewesen, die ganze Familie sei beisammen gewesen, als der Schweizer Pass per Briefpost ankam, so Tesfay, der in Uster eine Reha-Massagen-Praxis betreibt, gegenüber SRF. «Ich habe als Kind immer davon geträumt, an Weltmeisterschaften zu laufen.»
Höhenluft und namhafte Tippgeber
Tesfay gehört nicht zu den Topfavoriten. Über eine Medaille zu sprechen, wäre verwegen. Auch ein Vorstoss in die Top 10, wie es Tadesse Abraham 2019 in Doha schaffte, wird wohl nicht möglich sein. Dennoch: Schon nur die Teilnahme ist für ihn der verdiente Lohn für einen langen Kampf. Seine Bestzeit über die 42,195 Kilometer liegt bei 2:12:07 Stunden.
Zusammen mit Abraham hat er sich in der Höhenluft von St. Moritz auf die Weltmeisterschaften vorbereitet, hat sich wertvolle Tipps geholt – wie auch vom SRF-Experten Viktor Röthlin. «Ich habe viel von den beiden gelernt», so der 38-Jährige. Abraham ist heuer übrigens nicht am Start. Der Schweizer Rekordhalter legt den Fokus auf andere Rennen im Herbst.
Mentale Stärke als Vorteil
Die Knackpunkte des WM-Rennens in Budapest: Der flache, asphaltierte 4-Runden-Kurs, der von langen Geraden geprägt ist und viel mentale Stärke abverlangt sowie die vorherrschende, feuchte Wärme in Ungarn. Der fordernde Rundkurs gefällt dem erfahrenen Tesfay: «Es ist ein Vorteil für mich. Man muss geduldig sein. Wenn man mental stark ist, kann man in der zweiten Hälfte besser laufen.»
Nervosität verspürt der Langstreckenläufer (noch) keine. «Ich bin bereit für das. Die Freude ist da, ich versuche, mein Bestes zu geben.»