1997 gewann Anita Weyermann in Athen sensationell WM-Bronze über 1500 m. Mehr als der Medaillen-Coup der Bernerin blieb von jenen Outdoor-Titelkämpfen jedoch Weyermanns Bonmot «Gring abe und seckle» in Erinnerung.
Als Simon Ehammer an der Hallen-WM in Glasgow über 1000 m, der abschliessenden Siebenkampf-Disziplin, seine Goldmedaille entschwinden sah, ging ihm kein «Gring abe und seckle» durch den Kopf. Aber fast. Wie mit seinem Trainer Karl Wyler besprochen, hiess die Devise nach 800 m: «Pinsel abe». Ehammer zündete auf den letzten 200 m den Turbo und liess den Rückstand auf den entfesselten Sander Skotheim (NOR) nicht weiter anwachsen. Mit Erfolg: Der Appenzeller rettete Gold hauchdünn ins Ziel.
«Ich wusste, dass Skotheim in dieser Disziplin brutale Werte hat. Ich wollte einfach mein Tempo laufen und unter 2:47 bleiben, damit ich die 6400-Punkte-Marke knacke», analysierte Ehammer. «Nach 800 m habe ich realisiert, dass ich etwas zu langsam unterwegs bin.» Deshalb hiess es für ihn in diesem Moment «aufs Gaspedal drücken» – oder eben «Pinsel abe».
In Glasgow ein «akzeptabler Läufer»
Trotz vier Disziplinensiegen (60 m, Weitsprung, 60 m Hürden und Stabhochsprung) fand Ehammer in der Stunde seines grossen Triumphs das Haar in der Suppe. «Der Hochsprung hat mir ein bisschen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dadurch wurde die ganze Angelegenheit etwas enger, als ich mir das erhofft hatte», sagte Ehammer.
Zum Abschluss des 1. Tages hatte sich Ehammer in der 4. Disziplin mit 1,95 m begnügen müssen. Seine persönliche Bestleistung im Hochsprung liegt bei 2,08 m.
Insgesamt bezeichnete Ehammer seinen WM-Siebenkampf als «strenge zwei Tage, an denen ich auf mega hohem Level performt habe». Der 1000-m-Lauf habe ihm «alles abverlangt» und er sei «mega froh», dass es am Ende gereicht hat. Schmunzelnd fügte der 24-Jährige an: «Mit einer Zeit von 2:46 Minuten ist man doch ein ganz akzeptabler Läufer.»
33 Jahre nach «Kugel-Werni»
Mit seinem WM-Titel in Glasgow nimmt die Medaillensammlung Ehammers noch eindrücklichere Formen an, hat er doch auf Erwachsenen-Stufe schon WM-Bronze im Weitsprung (Eugene 2022) und Siebenkampf-Silber in der Halle (Belgrad 2022) vorzuweisen. Zudem ist der Appenzeller der erste Schweizer Mann seit Kugelstösser Werner Günthör vor 33 Jahren, der einen WM-Titel in der Halle gewinnen konnte.