Im Orientierungslauf reihte Matthias Kyburz in den vergangenen Jahren einen Erfolg an den anderen. Doch trotz acht Weltmeister-, neun Europameistertiteln und sechs Siegen im Gesamtweltcup hielt sich die mediale Aufmerksamkeit im engen Rahmen.
Dies änderte sich vor rund einem Jahr, als der Fricktaler ankündigte, bei seinem Marathon-Debüt die Olympia-Limite knacken zu wollen. Spätestens als ihm das tollkühne Unterfangen im April 2024 in Paris gelang, erfuhr Kyburz eine für ihn ungewohnte Aufmerksamkeit um seine Person.
Gleicher Einsatz – mehr Aufmerksamkeit
«Ich geniesse es, dass die sportliche Leistung jetzt wahrgenommen wird», gibt Kyburz im Gespräch mit Paddy Kälin zu. Doch die Geschichte sei auch ein wenig «bizarr»: «Ich habe als Orientierungsläufer genau gleich viel Zeit und Leidenschaft investiert. Die Leistungen in den drei Marathons waren gut, aber die Medienpräsenz ist nun ganz eine andere.»
Anders wird künftig auch der Trainingsalltag des bald 35-Jährigen aussehen. Kyburz schnürt im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Finnland im Sommer wieder vermehrt die OL-Schuhe, das Marathon-Training wird für das grosse Saisonziel vorerst wieder beiseite geschoben.
Mentale Unterschiede
Obwohl sowohl im Orientierungs- als auch im Marathonlauf – der Name verrät es schon – gelaufen wird, unterscheiden sich die beiden Sportarten auf zweierlei Ebenen.
Mental seien es zwei verschiedene Paar Schuhe, verrät Kyburz: «Beim Marathon in Sevilla musste ich während über zwei Stunden vielleicht 6-7 Entscheidungen treffen. Bei einem OL treffe ich 6-7 Entscheidungen innerhalb von 15 Sekunden.» Langweilig werde es ihm bei einem Marathon trotz der Monotonie aber nicht, da der Kampf gegen die Uhr ebenso im Kopf ausgetragen wird.
Auch auf der physischen Ebene lassen sich die Unterschiede nicht wegdiskutieren. Aufgrund des ständig wechselnden Untergrunds im Wald müsse ein Orientierungsläufer viel kraftbetonter laufen. Und dass ein Marathon aufgrund der Länge härter als Orientierungslauf sei, lässt Kyburz nicht gelten. «Über eine Langdistanz habe ich schon mehr gelitten als bei den Marathons.»
EM-Marathon ist angestrichen
Die Langdistanz an der WM im kommenden Sommer ist das grosse Ziel von Kyburz. Der Titel in der Königsdisziplin fehlt dem Familienvater noch, zudem sei es immer doppelt schön, als Schweizer in Skandinavien zu triumphieren.
Wie es sportlich weitergeht, lässt Kyburz zurzeit noch offen, den Entscheid will er nach der WM fällen. «Aktuell habe ich Freude an beidem, aber in der Leichtathletik hat es mir den Ärmel reingenommen.» Der EM-Marathon 2026 in Birmingham sei im Kalender auf jeden Fall schon einmal angestrichen.
Hinzu kommt das Potenzial, das ihm Coach Viktor Röthlin zuschreibt. Dieser traut ihm zu, einst den Schweizer Rekord von Tadesse Abraham (2:04:40 Stunden) an sich zu reissen, sofern er sich voll auf die 42,195 Kilometer fokussiert. «Wo der Zenit genau ist, kann ich noch nicht sagen, aber ich leugne es nicht mehr, dass eine schnellere Zeit möglich ist», blickt Kyburz in die Zukunft.