Letzten Sonntag verlor Samuel Giger den Schlussgang beim Bergfest am Schwarzsee. Das ist erwähnenswert, weil Giger nach zwei Jahren erstmals wieder einen Kampf verlor. Davor waren ebenfalls zwei Jahre vergangen, in denen es keinem der anderen Bösen gelungen war, ihn auf den Rücken zu legen.
Phasen der Ungeschlagenheit in dieser Länge kriegen nur die ganz Grossen hin. Umso mehr ist dann, wenn doch wieder einmal eine Niederlage zu akzeptieren ist, eine Tugend aus dem Repertoire der schwingerischen Werte besonders gefordert: Grösse in der Niederlage. Und auch diese Grösse kann Samuel Giger einwandfrei für sich verbuchen.
Grösse in der Niederlage
Giger stand nach seiner Niederlage am Schwarzsee vor die Kamera und erteilte Auskunft. Zwar enttäuscht, aber sachlich und mit Respekt vor der Leistung seines Bezwingers Damian Ott. Er konnte sogar lächeln über die Situation, die letztlich zur Niederlage führte, weil er sie zunächst als gar nicht so gefährlich taxiert hatte.
So sehen Sieger aus. Auch wenn sie ausnahmsweise verloren haben. Nun kann Giger diese eine Niederlage natürlich locker relativieren. Die geht in seiner überragenden Saison schlicht unter, einer Saison, in der er 8 Kranzfeste bestritten hat, 7 Mal im Schlussgang stand und 6 Mal am Ende der Sieger war. Trotzdem: Gerade wenn es so gut läuft, zeigt sich in der Niederlage die wahre Grösse.
Giger fühlt sich mittlerweile wohl auf der grossen Bühne
Giger mochte lange nicht mit Dingen zu tun haben, die für andere selbstverständlich und willkommen sind. Auf Sponsoren verzichtete er, weil er sich nicht von seinen Kollegen abheben und keine überbordenden Verpflichtungen wollte. Soziale Medien behagten ihm nicht, weil er kein Selbstdarsteller ist. Journalisten und Journalistinnen schienen ihm irgendwie unheimlich.
Auf der einen Seite ist das alles verständlich. Andererseits machte er sich damit kleiner, als er ist. Das mag damit zusammenhängen, dass Giger als extrem junger Schwinger schon sehr stark und damit im Fokus war. Er gewann als 16-Jähriger sein erstes Schwingfest bei den Aktiven. Mittlerweile ist er 23, hat seit diesem Jahr einen grossen Sponsor, zeigt sich in den sozialen Medien unaufgeregt als der Mensch, der er ist. Und er hat gelernt, mit den klassischen Medien umzugehen.
Der Thurgauer ist in die Begleiterscheinungen seines Sports und seines Erfolges hineingewachsen. Und er hat angefangen, sich auf der grossen Bühne wohl zu fühlen. Das macht ihn noch stärker, als er ohnehin schon war.
Grosser Favorit am Nordostschweizer
Giger ist am Sonntag beim Nordostschweizerischen Teilverbandsfest, dem letzten grossen Fest vor dem Saisonhöhepunkt in Kilchberg, der Mann, den es zu schlagen gilt und der kaum zu schlagen sein wird. Eine Rolle, die schwer wiegt. Die einen auch erdrücken kann. Ausser man hat – wie Samuel Giger – so viele Arten von Grösse, die das Gewicht der Favoritenlast tragen helfen.