Es war definitiv nicht die feine Art der spanischen Fans im weiten Rund des Court Philippe-Chatrier. Im Doppel-Duell ihrer Lieblinge Carlos Alcaraz und Rafael Nadal gegen das amerikanische Duo Austin Krajicek/Rajeev Ram wurden jegliche noch so zarten «USA»-Gesänge mit Buhrufen im Keim erstickt.
Das Publikum hatte in diesem Viertelfinal wenig überraschend deutlich Partei ergriffen. Die Punktgewinne von «Nadalcaraz» wurden frenetisch bejubelt, bei gewonnenen Games explodierte die grösste Arena von Roland Garros förmlich. Die Ränge waren zwar nur leicht rot gesprenkelt, doch bei den «Vamos»-Gesängen stimmte gefühlt auch jeder neutrale Beobachter ein.
Es ist gar nicht anders möglich: Sie werden ihre Gegner zerstören.
Alle hatten natürlich im Hinterkopf: Diese epische spanische Konstellation wird es mit allergrösster Wahrscheinlichkeit so nie mehr geben – und Nadals Profi-Karriere befindet sich bekannterweise in den letzten Zügen.
Spanier «können alle schlagen»
Vor dem Spiel noch hatten sich die von der iberischen Halbinsel nach Paris gepilgerten Fans nur einen Ausgang der Partie vorstellen können. «Es wird ein einfaches Spiel für die beiden, es ist gar nicht anders möglich. Sie werden ihre Gegner zerstören», meinte Gigi, der zusammen mit Kollege Eduardo aus Saragossa angereist ist.
Für den Madrilenen Fernando war klar: «Wir sind Spanier, das heisst, wir können jeden schlagen. Nadal hat nicht mehr viel Zeit übrig, deshalb hoffe ich, dass sie zusammen Gold holen.»
Die US-Fans waren deutlich untervertreten – und auch ungewohnt kleinlaut. Hillary aus den USA, überraschenderweise in eine Spanien-Flagge gehüllt, hoffte als einzige auf ein enges Spiel über drei Sätze, «aber am Ende müssen die Spanier gewinnen». Die US-Fahne steckt bei ihr allerdings in der Tasche – wohl für den Fall, dass der Abend nicht den erhofften Ausgang nehmen sollte.
Nadals Sandfleck und indisches Take-away
Die Partie lief dann tatsächlich sehr einseitig ab – aber nicht zu Gunsten von «Nadalcaraz». Die mangelnde Doppel-Praxis war den Spaniern gegen die geübte und routinierte Nummer 4 der Setzliste anzusehen. Nadal spielte nach einer behäbigen Aktion am Netz und anschliessendem Sturz fast die gesamte Partie hinweg mit einem grossen Sandfleck auf dem Rücken – ein seltenes Bild beim eigentlichen Sandkönig.
Spätestens nach dem Zu-null-Break von Krajicek/Ram im 2. Satz zum 4:3 schien ein Sieg des illustren spanischen Duos, das 26 Grand-Slam-Triumphe im Einzel vereint, in weite Ferne gerückt. So klärte eine Journalistin vor mir bereits ihre ÖV-Verbindungen ab, während zwei Plätze weiter ein anderer Kollege indisches Essen bestellte.
Das Ende des «magischen Paars»
Immerhin: Das Publikum feierte Alcaraz und Nadal bis zum bitteren Ende – zumal die beiden Einzel-Spezialisten im letzten Game noch ein paar Zauberschläge auspackten. Die am Ende klare 2:6, 4:6-Niederlage war aber nicht mehr zu verhindern.
In der immer noch schwülen Abenddämmerung zogen die spanischen Fans im Anschluss von dannen. Für Gonzalo aus La Rioja, der mit seinem sechsjährigen Sohn der Partie beigewohnt hatte, bleibt der Abend trotzdem unvergesslich. «Sie sind ein magisches Paar, Nadal und Alcaraz.»