Die Paris-Delegation von Swiss Olympic ist auf Athleten-Seite ohne Ersatzmitglieder 128-köpfig. Mit 62 Frauen und 66 Männern konnte erstmals nahezu eine Geschlechterparität erreicht werden. Der Anspruch der grössten Vertretung bei Sommerspielen seit 1984 und Los Angeles sind gemäss Missionschef Ralph Stöckli «7 oder mehr Medaillen». Im Schweizer Aufgebot figurieren 10 Aktive, die bereits Olympiamedaillen zu ihrem Palmarès zählen und erneut Jagd auf Edelmetall machen werden. Ein Trio feierte seine Erfolge früher als bei Tokio 2021.
Doch wann sind welche Schweizer und Schweizerinnen mit aussichtsreichen Chancen im Einsatz bzw. wann gilt es die Daumen zu drücken, damit unsere Trümpfe stechen? Wir haben nach diesen Kriterien nachfolgend das Programm in chronologischer Reihenfolge Tag für Tag für Sie aufbereitet.
Wettkampftag 1 – Samstag, 27. Juli
Aus Schweizer Sicht macht bei den 33. Sommerspielen das 3-köpfige Eventing-Team den Auftakt. Ab 9:30 Uhr ist im Sandviereck beim Schloss Versailles die Bühne frei für Robin Godel, Mélody Johner und Felix Vogg, die in der 3-teiligen Reit-Konkurrenz zuerst die Dressur-Prüfung absolvieren. Früh gefordert werden auch Pauline Brunner als einzige Schweizer Fechterin, Freistil-Schwimmer Antonio Djakovic sowie 3 Schweizer Ruderboote, also die Hälfte der Schweizer Olympia-Flotte, sein.
Zu den allerersten Entscheidungen bei Paris 2024 gehören die Zeitfahren. Nach dem Forfait von Marlen Reusser konzentrieren sich die Schweizer Hoffnungen auf das Männer-Rennen. Stefan Bissegger und Stefan Küng treffen allerdings auf grosse Gegenwehr. Je nach Spielansetzung sehen wir im Tennis-Einzel Stan Wawrinka und Viktorija Golubic im Einsatz. Beide wissen (im Doppel), wie man Olympiamedaillen erobert, dürften dieses Kunststück aber kaum wiederholen können.
Wettkampftag 2 – Sonntag, 28. Juli
Nina Christen, die bei den letzten Olympischen Spielen doppelt abgeräumt hat, legt los. Für die Schützin steht die Qualifikation in ihrer zweitbesten Disziplin 10 m Luftgewehr an, in der es in Tokio quasi als Dosenöffner Bronze abwarf.
Am frühen Nachmittag fiebern wir dem Mountainbike-Rennen der Frauen entgegen und schwelgen in den Erinnerungen des Dreifach-Triumphs vor 3 Jahren. Alessandra Keller ist bei ihrer Premiere an Sommerspielen allemal gut genug, um wenigstens die Schweizer Podestserie fortsetzen zu können. Als Ersatz für die gesundheitlich abwesende Tokio-Olympiasiegerin Jolanda Neff kommt Sina Frei zum Zug, die vor 3 Jahren zu Silber fuhr.
Wettkampftag 3 – Montag, 29. Juli
Christen könnte nach dem hoffentlich erfolgreichen Warm-up am Vortag im Final nach weiterem Zählbarem greifen. Im Judo möchte Nils Stump, der Weltmeister von 2023, in der Gewichtsklasse bis 73 kg seine rare Chance im grossen Schaufenster packen. Das Turnier der Beachvolleyballerinnen geht für die beiden Tandems Nina Brunner/Tanja Hüberli und Esmée Böbner/Zoé Vergé-Dépré mit dem 1. von 3 Gruppenspielen los. Die Selektion verpasst haben Anouk Vergé-Dépré/Joana Mäder (ehemals Heidrich) die vor 3 Jahren mit Bronze das Konto an Olympiamedaillen von Schweizer Beachvolleyballerinnen überhaupt erst hatten eröffnen können.
Im Cross-Country-Rennen der Männer gehört die Favoritenrolle unbestritten dem Tokio-Champion Thomas Pidcock. Dahinter liebäugeln Altmeister Nino Schurter (38) – er nennt schon einen kompletten Olympia-Medaillensatz sein Eigen – und Tokio-Silbergewinner Mathias Flückiger, dessen Formkurve entschieden nach oben zeigt, mit einer weiteren Auszeichnung. Am Vorabend dürfen wir gespannt sein, ob die bei Spielen gänzlich unerfahrene Männer-Turnriege im Team-Final die Schweizer Fahne hochhalten kann. Vor 3 Jahren resultierte, mit allerdings ganz anderem Personal, der nicht hoch genug einzuschätzende 6. Schlussrang.
Wettkampftag 4 – Dienstag, 30. Juli
Bereits ab den Morgenstunden marchen die Triathleten die Besten ihres Fachs aus – mit Max Studer in einer Lauerposition. Noè Ponti tritt im 200-m-Schmetterling-Vorlauf erstmals in Erscheinung: Der unbeschwerte Tessiner, der in Tokio mit Bronze verblüffte. Den gleichen Leistungsausweis bringt BMX-Freestyle-Spezialistin Nikita Ducarroz mit, die in der Qualifikation ihre Ambitionen für den Folgetag und einen nächsten Coup anmelden will. Die Spitze in dieser Sportart ist bei der 2. olympischen Präsenz indes merklich breiter geworden.
Wettkampftag 5 – Mittwoch, 31. Juli
Auf dem Papier kündigt sich dieser Tag zunächst nicht als ausserordentlich ertragsreich an. Leise Hoffnungen darf die Schweiz im Frauen-Triathlon, primär dank Julie Derron, hegen. Zudem werden nebst der BMX-Freestyle-Entscheidung bei den Frauen die ersten 2 Medaillensätze im Rudern vergeben (je Doppelvierer). Die aussichtsreicheren Ruder-Chancen dürften aber erst noch folgen. Am Abend schickt Swiss Olympic im Final hoffentlich Ponti über 200 m Schmetterling ins Medaillenrennen.
Wettkampftag 6 – Donnerstag, 1. August
Im Golf geht Joel Girrbach auf die 1. von für ihn maximal 4 Runden. Erst gegen Schluss der Olympischen Spiele sind auf dem Green in der Nähe von Paris dann auch die beiden qualifizierten Schweizerinnen unterwegs. Am Schweizer Nationalfeiertag gelangt die 49er-Kombo Sébastien Schneiter/Arno de Planta hoffentlich erfolgreich im Hafen von Marseille an und nimmt nach 12 Vor-Regatten am Medal Race teil. Sie beide zählen zu den stärksten Vertretungen seitens des Verbandes Swiss Sailing, der in 5 von 10 Bootsklassen mitmischt und eine Medaille als klares Ziel ausgibt.
Abends gehen die Schwimm-Finals in die 6. Runde – möglicherweise mit Roman Mityukov als Anwärter auf einen Spitzenplatz über 200 m Rücken. In dieser Disziplin hat der Romand in der letzten Saison sowie heuer an der WM schon zwei Podestplätze errungen.
Wettkampftag 7 – Freitag, 2. August
In der Endausmarchung im Kleinkaliber-Dreistellungskampf zählt hoffentlich Olympiasiegerin Christen zu den Finalistinnen, und neben ihr möglicherweise auch Chiara Leone (26), die für die aufstrebende Schützen-Generation steht. Bei den Schweizer Ruderern soll spätestens jetzt die Medaillen-Stunde läuten. Denn es stehen die A-Finals im Zweier ohne mit Andrin Gulich/Roman Röösli sowie im Leichtgewichts-Zweier mit Jan Schäuble/Raphaël Ahumada an. Beide Boote dürfen sich berechtigte Hoffnungen machen, sollten sie es überhaupt in die Finals schaffen.
Abräumen – in Bezug auf Edelmetall, ja nicht auf Stangen – möchten im Anschluss auch die Springreiter Martin Fuchs/Steve Guerdat/Pius Schwizer, die zuerst in der Team-Entscheidung und am 6. August im Einzel gefordert sind. Und dann hat die Schweiz auch im BMX Racing, allen voran dank Zoé Claessens und Simon Marquart, mehrere Feuer im Eisen. In der Leichtathletik werden die Wettkämpfe auf der Bahn lanciert – aus Schweizer Sicht gehen diese zur Mittagszeit im Vorlauf mit dem Sprinterinnen-Trio, angeführt von Mujinga Kambundji, los.
Wettkampftag 8 – Samstag, 3. August
Wie schon im Zeitfahren ruhen im Strassenrennen die Hoffnungen auf Küng und Bissegger, von ihnen dürfen aber nicht die ganz grossen Heldentaten erwartet werden. Im Frauen-Tennis geht es übrigens – mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit ohne Schweizer Beteiligung – um die Nachfolge von Einzel-Championne Belinda Bencic, die noch immer in der Mutterschaftspause ist.
Am vorletzten Tag der Schwimm-Konkurrenzen steigt im Final über 100 m Schmetterling hoffentlich Ponti nochmals ins Wasser und ahmt sein bronzenes Kabinettstückchen von Tokio im Minimum nach. Verschnaufpause wird Ihnen keine gegönnt: Denn mit dem 100-m-Final der Frauen geht es Schlag auf Schlag weiter.
Wettkampftag 9 – Sonntag, 4. August
In der Qualifikation hofft Multikönner Simon Ehammer, der sich auf den Weitsprung fokussiert, einen ersten Akzent setzen zu können. Mit Mujinga Kambundji, diesmal über die doppelte Distanz, und Hürdensprinter Jason Joseph wollen weitere Schweizer Leichtathletik-Asse eine solide Basis legen. Aus der 4-köpfigen Schweizer Fraktion im Strassenrennen ragt Elise Chabbey heraus. Legen wir die Schweizer Brille ab, so dürfen Sie dieses Highlight nicht verpassen: den 100-m-Final der Sprinter um 21:50 Uhr.
Wettkampftag 10 – Montag, 5. August
Wiedersehen mit dem Triathlon-Team: Im Mixed-Format liegt nach WM-Silber vor wenigen Tagen durchaus etwas in der Luft. Sportkletterer Sascha Lehmann lanciert den neu arrangierten Kombi-Wettkampf mit den Sparten Bouldern und Lead. Und Stabhochspringerin Angelica Moser will in der Qualifikation keine unnötige Energie verschwenden, stattdessen ihre Ansprüche unterstreichen. Zudem bekommen wir im Kanusport mit dem Cross eine neue Disziplin zu Gesicht: Alena Marx und Martin Dougoud möchten sich bei der Feuertaufe profilieren.
Wettkampftag 11 – Dienstag, 6. August
Zwei Entscheidungen im Rund des Stade de France dürften an diesem Dienstagabend auch die Schweizer Fans mitreissen. Im Weitsprung will Ehammer der Schweizer Leichtathletik die erste olympische Medaille seit 1988 bescheren. Träumen sei durchaus auch über 200 m erlaubt, sofern die Doppel-Europameisterin Mujinga Kambundji zu den acht Finalistinnen zählt.
Wettkampftag 12 – Mittwoch, 7. August
Am Abend zuvor war die Reihe noch an ihrer älteren Schwester, nun ist die Aufmerksamkeit auf Ditaji Kambundji gerichtet. Die 22-Jährige will bei ihrer 2. Olympia-Teilnahme über 100 m Hürden wortwörtlich die erste Hürde nehmen. Die Chance auf die nächste Leichtathletik-Sternstunde folgt sogleich: Wie hoch hinaus geht es für Moser exakt 26 Tage nach ihrem Schweizer Rekordsprung über 4,88 m?
Wettkampftag 13 – Donnerstag, 8. August
Leichtathletik zum Nächsten: Am Abend wird Annik Kälin ihr Pensum am 1. Tag des Siebenkampfs abschliessen. Zudem dürfen wir im Final über 110 m Hürden auf eine Teilnahme von Joseph spekulieren. Für das 3-köpfige Schweizer Bahn-Team rollen im Velodrome die Bewerbe an.
Wettkampftag 14 – Freitag, 9. August
Einerseits geht es um die Medaillen im Beachvolleyball – vielleicht läuft wie vor 3 Jahren das Turnier ja wiederum für die Schweizerinnen. Andererseits findet die Sprint-Staffel der Leichtathletinnen statt, vor 3 Jahren schrammte das Quartett auf Rang 4 hauchdünn am Podest vorbei.
Wettkampftag 15 – Samstag, 10. August
Die Marathonläufer, darunter Tadesse Abraham auf der Zielgeraden seiner Karriere und Disziplinen-Umsteiger Matthias Kyburz, läuten den Tag ein. Abends könnte Ditaji Kambundji im Hürdensprint-Final das abschliessende Leichtathletik-Feuerwerk aus Schweizer Sicht zünden.
Wettkampftag 16 – Sonntag, 11. August
Wir sind am Olympia-Schlusstag angelangt mit 13 verbleibenden Entscheidungen. Aus Schweizer Sicht ist Frauenpower, aber kaum eine Sensation angesagt. Im Marathon nehmen Helen Bekele sowie Fabienne Schlumpf die 42,195 km unter die Füsse. Zudem bestreitet Bahnfahrerin Aline Seitz die Omnium-Prüfung, und Anna Jurt nimmt im Modernen Fünfkampf Mass.