Roger Federer, Sie sind in Basel bereits zum 16. Mal im Hauptfeld dabei. Wie hat sich Ihre Herangehensweise ans Turnier in dieser Zeit verändert?
Federer: Nun, es hat sich einiges verändert, vor allem weil die Erwartungshaltung eine ganz andere ist. War es ganz zu Beginn bereits ein Erfolg, 5 oder 6 Games und später einen Satz zu gewinnen, geht es nun darum, den Titel zu holen und zu verteidigen. Dennoch bin ich heute klar weniger nervös als früher und mache mir weniger Gedanken. Ich habe viel mehr Routine und weiss, wie ich mit dem Rummel hier umgehen muss.
Wenn Sie eine spezielle Erinnerung Ihrer Teilnahmen in Basel herauspicken müssten, welche wäre es?
Hmm… Wohl als ich das erste Mal im Hauptfeld dabei war, auch wenn die Qualifikation bereits mega lässig war. 1998 durfte ich gegen Andre Agassi spielen. Da war es schon ein Kampf für mich, nicht 0:6, 0:6 zu verlieren (schmunzelt). Nach diesem Match war ich aber total happy. Ich wusste nicht, dass man nach einer Niederlage halbwegs glücklich sein kann. Aber ich war einfach froh, dass ich einigermassen mit Agassi mithalten konnte.
Nadal war in Luzern? Dann soll er doch…
Haben Ihre Konkurrenten Sie nach Tipps gefragt, was sie in Basel unternehmen könnten?
Nein, überraschenderweise nicht. Ich wäre ein guter Guide! (lacht) Sie wissen aber wahrscheinlich, dass ich nicht so viel Zeit habe.
Was würden Sie den anderen Spielern empfehlen?
Ich würde ihnen vorschlagen, etwas in der Stadt rumzuschlendern. Speziell jetzt während der Herbstmesse ist es wunderschön.
Rafael Nadal hat es vorgezogen, Luzern zu besuchen…
Dann soll er doch… (lacht) Nein, er hat ja Recht, Luzern ist eine schöne Stadt. Er hat das ja bereits im letzten Jahr gemacht. Wir Schweizer haben das Gefühl, Luzern ist weit weg, dabei stimmt das gar nicht. In Shanghai beispielsweise brauchen wir jeweils 75 Minuten vom Hotel bis ins Stadion.
Es gilt zu akzeptieren, dass Djokovic der klar beste Spieler der Saison ist.
Sie haben einmal gesagt, dass es mit dem Alter einfacher wird, mit Niederlagen umzugehen. Hat der verlorene US-Open-Final mehr geschmerzt als andere Niederlagen?
Ich weiss nicht, ob ich mehr enttäuscht war nach dem Wimbledon- oder dem US-Open-Final. Ich hatte das Gefühl, dass ich an beiden Turnieren sehr gut gespielt habe. Gleichzeitig musste ich aber auch sehen, dass Djokovic der Spieler der Saison ist. Ich sage nicht: ‹Gegen ihn darf man verlieren›, aber wenn er auf diesem Level spielt, kann es Niederlagen geben. Deshalb ist es mir leicht gefallen, das Ganze schnell zu analysieren und nach vorne zu schauen.
In der Weltrangliste ist Novak Djokovic weit weg, die Nummer 1 dürfte damit derzeit kaum ein Thema sein. Welche Ziele haben Sie sich für den Rest der Saison gesteckt?
Wenn es nicht um die Nummer 1 geht, rückt die Klassierung für mich in den Hintergrund. Es gilt zu akzeptieren, dass Djokovic der klar beste Spieler der Saison ist. Mein Fokus gilt den Matches selbst. Der Turniersieg in Basel geniesst höchste Priorität, nicht irgendwelche Weltranglistenpunkte.
In Schanghai haben Sie kürzlich eine ungewohnt frühe Niederlage einstecken müssen. Hat sich Ihre Vorbereitung auf Basel deshalb verändert?
Nun, ich habe nach Schanghai quasi den Notfallplan eingeschaltet. Pierre Paganini ist zurück aus der Schweiz nach Dubai geflogen und wir haben 3 Tage zusammen trainiert. Wir haben vorgearbeitet, sodass ich in Basel konditionell nichts mehr machen muss. Danach konnte ich mich voll aufs Tennis konzentrieren. Hier in Basel habe ich bereits am Donnerstag auf dem Center Court trainiert, ich bin absolut im Fahrplan. Für mich könnte es heute schon losgehen.
Sendebezug: SRF zwei, «sportpanorama», 25.10.2015, 18:15 Uhr.