Die Emotionen waren an diesem letzten Tag von Roger Federer als Tennisprofi natürlich noch einmal da – und wie. Sein grösster Erfolg: Er schaffte es trotz Tränen einigermassen durch das Platz-Interview mit Jim Courier vor 20'000 Fans in der Londoner O2 Arena. «Wenigstens bin ich in der Lage zu reden», ist Federer froh. «In meinen Visionen brachte ich jeweils keinen Ton heraus.» Erst als Courier nach seiner Familie fragte, die ihn immer unterstützt habe, geriet der 41-jährige Basler ins Stocken.
Am Ende passt einzig das Resultat nicht zum kitschigen Abschluss – es ist im Prinzip völlig egal. Ein Vorhand-Winner von Jack Sock beendete nach Mitternacht die Karriere von Roger Federer. Dann brachen alle Dämme. Nicht nur beim 20-fachen Grand-Slam-Champion flossen die Tränen, auch bei (nun ehemaligen) Konkurrenten wie Stefanos Tsitsipas und vor allem Rafael Nadal.
Auch für Nadal speziell
«Es wird auf dem Platz nie mehr so sein, wie wenn ich gegen dich gespielt habe», hatte der Spanier, der Federer mit 22 Titeln als Grand-Slam-Rekordsieger abgelöst hat, erklärt.
Ich wollte, dass es sich wie eine Feier anfühlt, nicht wie ein Abschied. Es ist alles, wie ich es mir gewünscht habe.
Da es sich beim Kontinente-Wettkampf zwischen Europa und dem Rest der Welt aber nicht um eine reine Show-Veranstaltung handelt, kriegte der Schweizer kein Abschiedsgeschenk. Im entscheidenden Match-Tiebreak zielte Tiafoe sogar je einmal voll auf den Körper von Federer und Nadal und holte so entscheidende Punkte. Es spielte an diesem Abend aber kaum eine Rolle.
Eine Feier, kein Abschied
Er gehörte noch einmal ganz Roger Federer. Der hatte sich schlimmstmögliche Szenarien ausgemalt. «Zum Beispiel, dass der Rücken blockieren und ich nicht weiterspielen könnte.» Nichts dergleichen passierte. «Es war ein wunderbarer Tag. Ich bin happy, nicht traurig», sagte der gerührte und gewohnt emotionale Basler. «Ich wollte, dass es sich wie eine Feier anfühlt, nicht wie ein Abschied. Es ist alles, wie ich es mir gewünscht habe.»
Seine Nervosität habe sich überraschend in Grenzen gehalten. «Beim Schauen all der Matches vor mir war ich gar nicht so gestresst», stellte Federer fest. Es bedeute ihm wahnsinnig viel, diesen Tag noch einmal im Kreise seiner Konkurrenten und temporären Teamkollegen verbringen zu können.
Der Laver Cup war in dem Sinn wohl ein perfekter Abschluss mit weniger Druck als zum Beispiel in Wimbledon. Und erstmals überhaupt waren Federer, Nadal, Novak Djokovic und Andy Murray in einem Team vereint.
Happy End wie aus dem Bilderbuch
«Meine Karriere war nie so geplant», versicherte Federer zum Schluss. «Ich habe mein Leben mit meinen Freunden und den Fans verbringen können. Ihr bedeutet mir die Welt.»
Danach brachen endgültig alle Dämme – und Federer konnte endlich auch seine Frau Mirka, seine Kinder, die Eltern, seinen Manager Tony Godsick, seine langjährigen Coaches Severin Lüthi, Ivan Ljubicic und Stefan Edberg sowie viele andere in die Arme schliessen. Die Karriere des grössten Schweizer Sportlers der Geschichte endete zwar mit einer Niederlage – und dennoch mit einem Happy End wie aus dem Bilderbuch.