Ashleigh Barty (WTA 1), Iga Swiatek (WTA 9), Danielle Collins (WTA 30) und Madison Keys (WTA 51): Für sie alle ist der Halbfinal an einem Grand-Slam-Turnier kein Neuland. Besonders für eine dürfte sich der Vorstoss in die Runde der letzten 4 aber wie ein Tennis-Märchen anfühlen.
Collins litt an Endometriose
Vor ziemlich genau einem Jahr taumelte Collins bei einem WTA-250-Event in Melbourne im Halbfinal dem Aus entgegen. Die US-Amerikanerin ging mehrmals schmerzverzerrt zu Boden, klagte über Beschwerden in der Bauchmuskel- und Becken-Gegend. Aufschlagen konnte sie im Entscheidungssatz nur noch von unten. Die Partie ging wenig überraschend verloren. Viel schlimmer für Collins war jedoch, dass die Ursachen für die akuten Schmerzen auch Wochen danach noch nicht bekannt waren.
Von den Ärzten hiess es, die Beschwerden seien auf ihren Zyklus zurückzuführen. Entzündungshemmende Medikamente brachten jedoch keine Besserung, im Gegenteil. Im April 2021 schliesslich fasste Collins den Beschluss, sich einem operativen Eingriff zu unterziehen, um Endometriose zu behandeln. Bei Endometriose handelt es sich um eine Erkrankung, bei der sich Gewebe ausserhalb der Gebärmutterhöhle bildet.
Die Operation stellte sich als Glücksgriff heraus. Ihre Trainingsintensität konnte Collins nach ihrer Genesung deutlich hochschrauben. Dies spiegelte sich auch in den folgenden Resultaten wider. Die 28-Jährige wurde deutlich konstanter, verlor seit Mitte Juli des letzten Jahres nur noch 6 Spiele und feierte in dieser Zeitspanne 28 Siege. Den letzten am Mittwoch im Viertelfinal der Australian Open gegen Alizé Cornet.
Viel Durchhaltewille, kaum Beliebtheit
Dass Collins eindrückliche Stehauf-Qualitäten besitzt, bewies sie bereits einige Jahre zuvor. Endometriose ist nicht die einzige Erkrankung, die ihren Weg in die erweiterte Tennis-Weltelite erschwerte. 2018 wurde bei der Rechtshänderin aus Florida eine rheumatoide Arthritis diagnostiziert. Die entzündliche Gelenkserkrankung, die oft in Schüben auftritt, zwang Collins immer wieder zu Pausen.
Doch «Danimal», wie Collins mittlerweile von ihren Fans auch genannt wird, kämpfte sich bereits damals zurück. Im Frühjahr 2019 stiess sie ähnlich überraschend wie 2022 in den Melbourne-Halbfinal vor.
Auf der Tour gilt Collins als Einzelgängerin, die sich über die Jahre nicht allzu viele Freunde gemacht hat. Ihr oftmals überschwängliches Verhalten auf dem Platz kommt bei den Berufskolleginnen nicht sehr gut an. Je wichtiger der Punkt, desto lauter das Stöhnen, das Jubeln, manchmal auch das Provozieren.
Gelingt ihr der Coup gegen Swiatek?
Nicht selten hat man bei Collins' Spielen das Gefühl, sie trete gegen die ganze Welt an. Vielleicht sieht sie es selbst auch so. Auf eine Art wäre es sogar verständlich, musste sie doch immer wieder Steine aus ihrem Weg räumen, um ihren Traum als Tennis-Profi zu leben.
Am Donnerstag könnte sie einen weiteren Höhepunkt in ihrem Kampf gegen die Welt und ihren Körper erreichen. Mit einem Sieg im Halbfinal der Australian Open gegen die 20-jährige Swiatek, für die es seit zwei Jahren praktisch ausnahmslos steil aufwärts geht.