«Rasen ist die dümmste Unterlage für Tennis. Warum tragen wir Tennis – einen Sport, bei dem der Ball aufspringen muss – auf einer so unbeständigen Unterlage aus?» So äusserte sich Christopher Eubanks (ATP 43) noch im Juni, nachdem er bei einem Challenger-Turnier krachend in der 2. Runde gescheitert war.
«Jetzt liebe ich Rasen»
Fünf Wochen später steht der 27-jährige Amerikaner im Wimbledon-Achtelfinal, wo er am Montag auf Stefanos Tsitsipas (ATP 5) trifft. Auf dem Weg dorthin schaltete Eubanks unter anderem den an Nr. 12 gesetzten britischen Publikumsliebling Cameron Norrie aus und gab bislang erst zwei Sätze ab. «Heute spricht eine andere Person zu euch. Gerade jetzt liebe ich Rasen», so der 2,01-Meter-Mann aus Atlanta vor einigen Tagen.
Wie ist es bloss zu einem derart dramatischen Meinungsumschwung gekommen? Eubanks wandte sich an die vierfache Grand-Slam-Siegerin Kim Clijsters, die er an einem World-Team-Tennis-Event kennen gelernt hat. Die Belgierin gab ihm einige Ratschläge über die Beinarbeit auf Rasen – laut seinen Aussagen übrigens dieselben, die er schon von seinem Coach erhalten hat.
1. Turniersieg auf Rasen
Sein nächstes Wimbledon-Vorbereitungsturnier bestritt er auf Mallorca – und gewann es prompt. Ausgerechnet auf Rasen heimste Eubanks seinen 1. ATP-Titel ein. Überhaupt scheint seine (vormalige) Aversion gegen die grüne Unterlage nicht auf der Statistik zu gründen. Laut ATP weist er auf der höchsten Stufe eine positive Rasen-Bilanz aus, ganz im Gegensatz zu Hartplatz und Sand. Auf Challenger-Ebene schnitt er allerdings tatsächlich auf Hartplatz und Sand besser ab.
Zum Vorteil gereicht dem Rechtshänder besonders auf Rasen seine Körpergrösse. Gegen Norrie schlug er nicht weniger als 21 Asse, im Sechzehntelfinal gegen seinen australischen Namensvetter Christopher O'Connell (7:6, 7:6, 7:6) waren es sogar 23 Asse. War sein 1. Aufschlag im Feld, machte er in 87 Prozent der Fälle den Punkt.
Nette Worte von Medwedew
Lob für den Amerikaner, der dieses Jahr erstmals überhaupt im Wimbledon-Hauptfeld steht, kam von Daniil Medwedew. Der Russe hatte Eubanks im März in Miami zwar bezwungen, nannte das Spiel seines Gegners aber «totales Tennis»: «Er hat vor nichts Angst, versucht es einfach. Er schlägt sehr, sehr schnell und geht ans Netz, wenn sich ihm eine Möglichkeit bietet. Er hat dieses Jahr etwas gefunden, das er zuvor nicht hatte.»