Nichts passt in der Tennis-Geschichte besser zusammen als Rafael Nadal und die French Open. 14 Mal hat der Mallorquiner beim 2. Grand-Slam-Turnier des Jahreskalenders triumphiert, so oft wie kein anderer Spieler bei irgendeinem Major. 112 Matches hat er auf der roten Asche gewonnen, nur 3 verloren (zweimal gegen Novak Djokovic, einmal gegen Robin Söderling).
Kein definitives Adieu
Heuer schlägt Nadal, der bald 38 Jahre alt wird, möglicherweise letztmals am Bois de Boulogne auf . «Es besteht eine grosse, grosse Chance, dass dies mein letztes Mal in Roland Garros ist, aber wenn ich Ihnen sagen soll, dass das zu 100 Prozent so ist, dann werde ich das nicht tun», so Nadal vor Turnierbeginn.
Gemeint ist damit nur das Grand-Slam-Turnier. Am olympischen Turnier, das ebenfalls auf der Anlage von Roland Garros stattfindet, will Nadal nach eigenen Angaben antreten.
Zum French-Open-Auftakt muss der 22-fache Major-Sieger am Montag gleich gegen Alexander Zverev ran, den deutschen Weltranglisten-4. Durchaus möglich, dass es Nadals kürzestes Gastspiel an der Porte d'Auteuil wird. Seine bislang früheste Niederlage war jene gegen Söderling im Achtelfinal 2009.
Für Nadal spricht:
- Mythos: Wer in Paris gegen Nadal antritt, tut dies mit tiefem Respekt vor dem Sandkönig und dem Bewusstsein, dass auch eine klare Führung unter Umständen nicht ausreicht – keiner kämpft härter um jeden vermeintlich verlorenen Ball als Nadal. Ex-Tennisstar Boris Becker empfiehlt Zverev: «Spiele gegen den Spieler und nicht gegen den Mythos!»
- Fan-Support: Das Publikum in Paris liebt Nadal und dürfte mehrheitlich auf der Seite des Spaniers sein.
- Head-to-Head: 7:3 führt Nadal in den Direktbegegnungen, 5:1 auf Sand. Die letzte Begegnung war der denkwürdige French-Open-Halbfinal 2022. Zverev lieferte sich mit Nadal ein Duell auf Augenhöhe, ehe er beim Stand von 6:7 (8:10), 6:6 folgenschwer umknickte, aufgeben musste und mit einer schweren Aussenbandverletzung ein halbes Jahr ausfiel.
- Zverevs Nebenschauplatz: Just während den French Open ist in Berlin ein Prozess gegen den Deutschen angesetzt. Erster Verhandlungstag ist am 31. Mai. Seine damalige Freundin beschuldigt den Olympiasieger, sie 2020 misshandelt zu haben. Zverev bestreitet die Vorwürfe.
Gegen Nadal spricht:
- Zverevs Formstärke: Der Deutsche hat zuletzt das ATP-1000-Sandturnier von Rom gewonnen und dabei nur einen Satz abgegeben. Auch wenn er dafür keinen Top-10-Spieler bezwingen musste: Von den Wettbüros wird Zverev gegen Nadal favorisiert. «Wenn ich gut spiele, kann ich gegen jeden gewinnen», so der 27-Jährige selbstbewusst. Er müsse einfach seinen Rhythmus in Paris finden. Nadal gab seinerseits zu: «Ich spiele gegen einen der bestmöglichen Gegner, der das letzte Event gewonnen hat.»
- Nadals Probleme: Der Spanier, der wegen seiner vielen Verletzungspausen auf Rang 276 des Rankings abgestürzt ist, gab erst im April sein Comeback auf der Tour, kämpft weiter mit seiner Gesundheit und scheiterte in der 2. Runde von Rom krachend an Hubert Hurkacz. Stan Wawrinka, der in Paris mit Nadal trainierte, meinte allerdings, Nadal sei «so stark wie immer». Zumindest in der 1. Runde dürften Abnützungsprobleme noch keine grössere Rolle spielen. Nadal selbst sagt, er fühle sich nun «deutlich besser».
- Fan-Beanspruchung: Wie Zverev muss auch Nadal gegen Ablenkung kämpfen. In seinem Fall sind es die zahllosen Wünsche von Fans, Sponsoren und Medien – allen gerecht werden konnte er bei einem Anlass kurz vor Turnierbeginn nicht.
Wie auch immer die Partie vom Montag ausgeht: Ein Grosser des Tennissports erlebt den 3. Turniertag nicht mehr – noch einer, nachdem sich am Sonntagabend bereits Andy Murray verabschieden musste.