Erstmals seit 10 Jahren kommt es im Viertelfinal von Wimbledon wieder zu einem deutschen Duell. Doch dieses spielen nicht etwa Angelique Kerber und Andrea Petkovic aus, sondern mit Jule Niemeier und Tatjana Maria zwei Frauen, welche die wenigsten Experten vor dem Turnier an der Church Road auf dem Zettel hatten.
Tennis als zweite Priorität
Während die 22-jährige Niemeier nach dem Erstrunden-Aus an den French Open ihr erst zweites Grand-Slam-Turnier überhaupt bestreitet, ist auch die 35-jährige Maria trotz ihrer Erfahrung noch nie über die 3. Runde an einem Major-Turnier hinausgekommen. Ihre Prioritäten setzt Maria, die im April 2021 ihre zweite Tochter Cecilia zur Welt brachte, sowieso längst anders. Die morgendliche Tennisstunde der achtjährigen Charlotte in der Trainingshalle von Wimbledon gehört dazu. Erst danach starten Marias Vorbereitungen auf den bislang wichtigsten Match ihres Lebens.
«Daran wird sich nichts ändern», sagte Maria, nachdem sie gegen die Lettin Jelena Ostapenko zwei Matchbälle abgewehrt und das nächste Kapitel ihres märchenhaften Abenteuers in Wimbledon geschrieben hatte. Sie könne den erstaunlichen Triumphzug jetzt «vielleicht sogar mehr wertschätzen, weil ich wichtigere Dinge in meinem Leben habe als Tennis».
Extra-Motivation aus der Heimat
Auch für Niemeier verkörpert der Viertelfinal von Wimbledon das unbestrittene Karriere-Highlight. Ihr Triumphzug in der englischen Hauptstadt ist auch dem Lieblingsklub der gebürtigen Dortmunderin nicht verborgen geblieben. Das macht den grossen BVB-Fan richtig stolz: «Ich habe erfahren, dass mich Mats Hummels in seiner Story erwähnt hat, und ich habe auch eine Nachricht von Nico Schlotterbeck bekommen», sagte Niemeier nach ihrer Viertelfinal-Qualifikation.
Gegenseitiger Respekt auf und neben dem Platz
Vor ihrem Duell mit der Landsfrau spricht die junge Niemeier voller Bewunderung über ihre zwölf Jahre ältere Gegnerin, die mit Kind und Kegel um die Welt reist. «Ich ziehe meinen Hut davor, wie die das als Familie machen. Ich finde es unglaublich, mit zwei Kindern zu reisen», sagte Niemeier: «Hier sind ihr Mann Charles-Edouard und sie komplett alleine.» Das müsse «sehr stressig» sein.
Für Maria ist das Alltag, sie seien als Familie «sehr flexibel» und die Töchter Charlotte (8) und Cecilia (1) ohnehin «die besten Kinder der Welt». Entspannt blickt Maria auch dem deutschen Duell entgegen: «Wir spielen ja oft gegen Leute, die wir mögen. Ich glaube, wir kriegen das beide gut hin, versuchen unser Bestes zu geben, und danach ist wieder alles in Ordnung.»