Die vergangenen zwei Jahre waren für Martina Strähl eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Von überglücklich zu bitter enttäuscht bis hin zu total motiviert – Strähl erlebte eine geballte Bandbreite an Emotionen.
Alles begann im September 2019, als sich die Solothurnerin mit dem 9. Platz beim Berlin-Marathon den Olympia-Traum erfüllte. Doch dann kam Corona. Die Pläne waren hinfällig, die Qualifikation futsch. Zu allem Überfluss verletzte sich Strähl Anfang 2021 am Oberschenkel, weshalb sie mehrere Wochen auf Trainings und Wettkämpfe verzichten musste. Dazu gehörte auch der Selektionsmarathon am 3. April in Bern-Belp. Strähl war am Boden zerstört.
Olympia, kein Olympia – doch Olympia
Dann die Kehrtwende: Über die Klassierung im Weltcup war Strähl nach internationalem Standard von World Athletics doch teilnahmeberechtigt für die Olympischen Spiele. Was fehlte: ein Leistungsnachweis bis Ende Mai. Diesen holte sie sich beim kurzfristig auf die Beine gestellten Halbmarathon in Wien.
Gegenüber Keystone-SDA gab die 34-Jährige Einblicke in ihre Gefühlswelt: «Ich war total frustriert, als ich die Qualifikation verpasste. Als es dann doch klappte, war es eine Riesenfreude. Ich habe nicht mehr damit gerechnet.»
Ich will ein optimales Rennen laufen, das Beste herausholen. Ich möchte am Ende sagen können, dass ich alles gegeben habe.
Neben der Freude kehrte noch etwas anderes zurück, «die Motivation», so Strähl. «Ich hatte wieder ein Ziel vor Augen, ein grosses Ziel.» Dieses habe sie angetrieben, sich in Form zu bringen. Und was möchte sie in Sapporo erreichen? «Ich will ein optimales Rennen laufen, das Beste herausholen. Ich möchte am Ende sagen können, dass ich alles gegeben habe.»
Schlumpf mahnt trotz Schweizer Rekord
Neben Strähl nimmt mit Fabienne Schlumpf eine zweite Schweizerin den Marathon unter die Beine. Sie hatte bereits 2016 in Rio Olympia-Luft geschnuppert, damals allerdings über 3000 m Steeple. Dass die 30-jährige Zürcherin das Zeug für Langstreckenläufe hat, zeigte sie im April in Bern, als sie mit einer Zeit von 2:26:14 Stunden nicht nur die Olympia-Norm erreichte, sondern gleich auch einen nationalen Rekord aufstellte.
«Ich fühle mich sehr gut, die Vorbereitung war perfekt», so Schlumpf zu Keystone-SDA. Zu fest möchte sie sich aber nicht am Exploit in Bern orientieren. «Das war ein komplett anderes Rennen unter ganz anderen Bedingungen. Ein Zeitziel habe ich mir nicht gesetzt.»
Kenianisches Trio schielt auf Hattrick
Dass die Schweizerinnen beim Medaillenkampf ein Wörtchen mitzureden haben, ist höchst unwahrscheinlich, denn die Konkurrenz ist gewaltig. Topfavoritin auf Gold ist Brigid Kosgei. Die 27-jährige Kenianerin hält seit dem Chicago-Marathon 2019 den Weltrekord (2:14:04 Stunden). Zudem gewann sie ihre letzten 4 Läufe über die 42,195 km, zuletzt in London 2020.
Ebenfalls auf der Rechnung sollte man Peres Jepchirchir (KEN) haben, die zweifache Halbmarathon-Weltmeisterin ist und 2020 beim Valencia-Marathon Jahresschnellste war (2:17:16 Stunden). Die 3. im kenianischen Bunde der Goldanwärterinnen ist Ruth Chepngetich – mit einer Zeit von 2:17:08 Stunden die viertschnellste Läuferin aller Zeiten. 2021 siegte sie im Istanbul-Halbmarathon mit einem neuen Weltrekord (1:04:02 Stunden).
Chancen, den Olymp zu besteigen, dürfen sich auch Birhane Dibaba, Roza Derje (beide Äthiopien), Lonah Salpeter (ISR) und Helalia Johannes (NAM) ausrechnen.