Der meteorologische Sommer mag hierzulande überwiegend grau sein. Der globale Sportsommer hingegen ist grün-weiss-rot. Nach dem Europameister-Titel im Fussball sorgt Italien auch an den Olympischen Spielen für Furore. Triumphe in der Königsdisziplin stehen am Ursprung eines veritablen Sommermärchens.
So sprintete die Männerstaffel über 4 x 100 m sensationell zu Gold. Eine Hundertstelsekunde entschied gegen Grossbritannien und zugunsten von Lorenzo Patta, Lamont Marcell Jacobs, Eseosa Desalu und Filippo Tortu. Jacobs hatte zur Verwunderung aller Beobachter bereits Olympia-Gold über 100 m gewonnen.
So riesig die Freude in Italien, so gross die Ernüchterung in den «klassischen» Sprint-Nationen Jamaika und USA. Die Nachfolger von Usain Bolt, Asafa Powell und Co. waren mit Rang 5 im Kampf um die Podestplätze chancenlos. Noch frostiger ist die Gemütslage in den USA. Ein Wechselfehler im Vorlauf machte alle Medaillenträume zunichte. Das sei eine «Clown-Staffel», die «alles falsch gemacht» habe, tobte der grosse Carl Lewis, seines Zeichens 9-facher Olympiasieger. Das Team habe schlechter ausgesehen als «Amateur-Kids».
Auch in den Einzelbewerben blieb die so stolze Leichtathletik-Nation über die Kurzdistanz ohne Olympiasieg. Während Grant Holloway über 110 m Hürden Gold denkbar knapp verpasste, scheiterte 100-Meter-Topfavorit Trayvon Bromell bereits im Vorlauf.
Historische Spiele für Italien
Italien hingegen erlebt die besten Olympischen Spiele seit langem. Nach 14 von 16 Wettkampftagen haben die «Azzurri» bereits 38 Medaillen geholt – so viel wie noch an keinen Spielen. Der Nachbar aus dem Süden weiss es zu zelebrieren. Wohl kaum jemand bejubelte den Sieg so emotional wie Hochspringer Gianmarco Tamberi.
Nach dem Final-Sieg an der EM über England hatte der Corriere della Sera geschrieben, Italien erlebe einen Sommernachtstraum. Daraus ist nun ein echter grün-weiss-roter Traumsommer geworden.