Als Annemiek van Vleuten bei der Zieleinfahrt die Arme in die Luft riss, rieb man sich auf dem Fuji International Speedway verwundert die Augen. Normalerweise ist diese Art von Jubel im Radrennsport der Siegerin vorbehalten.
Später dann klärte sich, dass die Niederländerin auch tatsächlich meinte, sie sei als Erste im Ziel des olympischen Strassenrennens eingefahren. Die vermeintliche Olympiasiegerin wurde dann jedoch schnell auf den Boden der Realität zurückgeholt, als sie von Mitgliedern aus dem Staff darüber aufgeklärt wurde, dass sich 1:15 Minuten vor ihr bereits die Österreicherin Anna Kiesenhofer über Gold gefreut hatte.
Kiesenhofer ging vergessen
«Ich habe mich wirklich dumm gefühlt», sagte Van Vleuten im Interview mit SRF. «Das letzte, was ich hörte, war, dass sie nur 45 Sekunden Vorsprung hatte. Das sagte mir Anna van der Breggen. Ich dachte, dass wir sie auf den letzten 10 Kilometern einholen würden.»
Kiesenhofer ging offenbar nicht nur von Van Vleuten vergessen. Auch Marlen Reusser sagte im Interview, im Feld habe man schlicht nicht gewusst, dass da noch jemand vorausgefahren war. Wohl auch, weil Kiesenhofers Fluchtgefährtinnen Omer Shapira und Anna Plichta zuvor noch eingeholt wurden.
Verspätete Freude über Silber
Das Unwissen über konkrete Zeitabstände sorgte bei Van Vleuten für Kritik. «Das heute hat mir gezeigt, dass wir mit Funk fahren sollten. Die Leute denken, dass es so aufregender ist. Ich sage, es ist einfach verwirrender.»
Mit etwas Abstand konnte sich die Niederländerin, die schon 2016 wegen eines schlimmen Sturzes um die Goldmedaille gebracht worden war, dann aber doch über die silberne Auszeichnung freuen. «Ich bin stolz darauf, wie ich heute gefahren bin. Und das ist immerhin meine dritte olympische Medaille», so Van Vleuten, die ihre letzte Saison auf höchstem Niveau bestreitet.