Eigentlich will sich Greg LeMond im Frühjahr 1987 als Titelverteidiger auf die Tour de France vorbereiten. Doch eine Truthahnjagd mit seinem Schwager beendet nicht bloss diese Pläne, sondern beinahe LeMonds Leben:
- Sein Schwager Pat schiesst aus Versehen und verletzt LeMond lebensgefährlich.
- Trotz Notoperation bleiben 45 Schrotkugeln in dessen Körper zurück.
- Drei davon stecken im Herz, eine weitere drückt auf die Hauptschlagader.
Da beim Unglück LeMonds rechter Lungenflügel kollabiert und er drei Viertel seiner Blutmenge verliert, grenzt es an ein Wunder, dass er überhaupt überlebt.
Doch damit nicht genug. Zum Verlust von elf Kilo Muskelmasse kommen seelische Qualen hinzu:
- Aus Bestürzung unternimmt der Schwager direkt nach dem Unfall einen Selbstmordversuch.
- Bei LeMonds schwangerer Frau lösen diese tragischen Vorfälle verfrühte Wehen aus.
- LeMonds Rad-Team kündigt kurz darauf seinen Vertrag – er ist ab sofort ohne Einkommen.
Bis dahin war LeMond quasi ein Familienunternehmen gewesen. Eltern und Frau hatten ihn aktiv bei seiner Karriere unterstützt und waren vom Radprofi dafür entlohnt worden.
Weil auch der Schiessunfall eine Familiensache war, sucht LeMond mit Frau und Kindern geografisch Distanz. Mit einem Camper finden sie in den einsamen Weiten von Montana zur Ruhe.
Zwei Jahre später fährt LeMond beim Comeback in den Radsport so schlecht, dass er sofort endgültig aufhören will. Seine Frau rät ihm, wenigstens noch die kurz darauf beginnende Tour de France zu machen. Ein guter Rat, denn dort fährt LeMond ein Rennen für die Geschichtsbücher.
Der knappste Sieg aller Zeiten
An der Tour 1989 wechselt die Gesamtführung über drei Wochen hinweg mehrfach zwischen dem alle überraschenden LeMond und Laurent Fignon hin und her, ehe der grosse Showdown folgt: Die letzte Etappe ist ein Zeitfahren über 24,5 Kilometer nach Paris.
LeMond liegt vor dem Start 50 Sekunden hinter Leader Laurent Fignon auf Rang 2. Doch er macht den Rückstand auf dem Weg zu den Champs Elysées sensationell wett und siegt am Ende mit 8 Sekunden Vorsprung auf den demoralisierten Fignon.
LeMonds Triumph ist bis heute der knappste Sieg in der Geschichte der Tour de France. 8 Sekunden – bei der damaligen Gesamtdistanz von 3285 Kilometern waren das ganze 82 Meter, die LeMond schneller als Fignon in Paris ankam.
Für LeMond ging die Bedeutung seines Siegs über das Sportliche hinaus. Seine Familie inklusive des von Schuldgefühlen geplagten Schwagers versöhnte sich wieder. 1990 gewann der Amerikaner die Tour de France ein drittes Mal. Vier Jahre später trat er vom Radsport zurück.