Von «Wolf of Wallstreet» bis «Good Fellas»: Filme von Martin Scorsese sind rasant, gesellschaftskritisch und oft leicht ironisch. Und sie drehen sich um Charaktere mit Abgründen. Auch in «The King of Comedy» aus dem Jahr 1983 folgt Scorsese diesem Rezept – und wirft Fragen auf, die bis heute aktuell sind. Wie erstrebenswert ist Berühmtheit? Und zu welchem Preis?
Das Vorbild
Jerry Langford (gespielt von Comedian Jerry Lewis) hat alles, was sich Aufmerksamkeits- und Erfolgshungrige wünschen: eine nationale TV-Show, Ruhm, Geld. Und neben vielen Autogrammjägerinnen auch Stalker, die nicht locker lassen. Einer von ihnen ist Rupert Pupkin, der dem TV-Star auf Schritt und Tritt folgt.
Der Grössenwahnsinnige
Im echten Leben ist Rupert Pupkin (gespielt von Robert De Niro) auffällig unauffällig, aber in seinen Tagträumen lacht die ganze Nation über seine Witze. Der Mann mit schmalem Schnauz und geschniegeltem Anzug will Stand-up-Comedian sein – nicht irgendeiner, sondern als Teil der erfolgreichen TV-Show von Jerry Langford.
Hat man Ihnen schon mal gesagt, dass Sie ein Vollidiot sind?
Rupert stalkt den Talkmaster bis nach Hause, sendet sein Demotape an die Show, fährt täglich in die Produktionsbüros. Doch dort erinnert sich keiner an ihn. Von «Pumpkin» bis «Pipnik» nennen sie ihn bei allen Namen, die dem seinem ansatzweise ähnlich sind.
Pupkin jedoch ist sich sicher: Wenn sein Plan aufgeht, wird bald die ganze Welt seinen Namen kennen. Der Traum von Ruhm und Bekanntheit erfüllt Pupkins Leben bis zur Manie.
Der Keller
In seinen manischen Phasen verliert sich Pupkin in Illusionen. Der Einzelgänger, der noch bei seiner Mutter wohnt, hat sich im Keller seine eigene Bühne geschaffen. Fake-Kameras und Pappfiguren von grossen Stars, mit denen er imaginäre Gespräche führt und lauthals über seine eigenen Witze lacht. Ein Publikum, das nur als Wandtapete existiert. Lacher vom Band.
Aus seinen Tagträumen wird Pupkin einzig von seiner Mutter gerissen, die ab und zu nach ihm ruft: «Ich hab nichts dagegen, dass du spielst, aber stell das leiser.»
Die Entführung
Als Pupkin schliesslich niemand zuzuhören scheint und sein Durchbruch auf sich warten lässt, greift er zu drastischen Mitteln. Er entführt den Talkmaster Jerry Langford und erpresst sich so einen Auftritt in seiner Show.
Der Erfolg mit Fragezeichen
Pupkin erreicht, was er jahrelang bedingungslos verfolgt hat: Er tritt in der Jerry-Langford-Show auf, unter tosendem Applaus und Gelächter.
Besser ein König für eine Nacht, als ein Bettler fürs Leben.
Nach seinem Auftritt wird er wegen der Entführung des Showmasters festgenommen. Im Gefängnis veröffentlicht er seine Memoiren, die zum Verkaufsschlager werden. Alle wollen wissen, wie ein durchschnittlich begabter Comedian es geschafft hat, einen Auftritt in einer national erfolgreichen Show zu erpressen.
Pupkins Illusionen von Ruhm und Geld sind Realität geworden. Und doch wirft die Einsamkeit und Gleichgültigkeit, die Jerry Langfords Gesicht während des ganzen Films – auch während seiner Entführung – beherrscht, die Frage auf, wie erstrebenswert Berühmtheit tatsächlich sein kann.