Für ihren Kampf gegen Parasiten-Krankheiten bekommen zwei Forscher und eine Wissenschaftlerin den diesjährigen Medizin-Nobelpreis. Im Interview erzählt Jury-Mitglied Thomas Perlmann, wieso die Entdeckung des Malaria-Medikamentes durch die Chinesin Youyou Tu nicht nur bahnbrechend, sondern auch extrem ungewöhnlich ist.
Wie ist der Chinesin Youyou Tu der Durchbruch in ihrer Malaria-Forschung gelungen?
Youyou Tu hat sich für traditionelle chinesische Medizin interessiert und Schriftstücke gefunden, die mehrere tausend Jahre alt waren. Darin hat sie die Pflanze Artemisia annua entdeckt und dachte sich, dass diese vielleicht für die Malaria-Behandlung interessant sein könnte. (...) Daraufhin hat sie in anderen Schriftstücken traditioneller Medizin gestöbert und schliesslich aktive Substanzen in dieser Pflanze gefunden. Sie konnte beweisen, dass dieser Wirkstoff enorm effektiv gegen Malaria ist. Das ist ziemlich grossartig, dieser Entdeckungsprozess.
Wie oft kommt es vor, dass Entdeckungen auf diese Art gemacht werden?
Ich weiss nicht, ob es das jemals zuvor gegeben hat. Das ist ganz klar völlig ungewöhnlich.
Youyou Tus Malaria-Medikament wird schon seit Jahrzehnten eingesetzt. Was unterscheidet es von anderen Mitteln gegen Malaria?
Es gibt einige andere Therapien, die gab es auch schon vorher. Ein Problem ist, dass Resistenzen entwickelt wurden. Ausserdem wird hier ein total neuer Mechanismus angewandt, der enorm effektiv ist. Heute gibt es Kombinationen von Medikamenten, die bei Menschen, die sich mit Malaria infiziert haben, angewendet werden. Und das macht es so viel effektiver.
Warum hat die Jury sich entschieden, den Nobelpreis in diesem Jahr in zwei Preise aufzuteilen?
Das machen wir manchmal, wenn wir sehen, dass die Kombination besonders attraktiv sein könnte. Beide Entdeckungen stehen für sich selbst, sind komplett unabhängig voneinander, aber sie sind beide sehr wichtig für die globale Gesundheit – dafür, die verletzlichsten Menschen auf der Welt zu behandeln, in den ärmsten Gegenden der Welt. Deshalb sind sie ein schönes Paar.