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Zwei Studenten blicken in einem vollen Hörsaal in einen Laptop.
Legende: Wie gut lässt sich die Qualität einer Uni überhaupt messen? Studenten an der Uni Basel. Keystone

Umstrittene Ranglisten «Hochschul-Rankings sind ein Theater»

«Die Uni Basel schlägt die Uni Zürich» – solche Überschriften klingen knackig, sind aber meist stark verkürzt. Denn die Qualität von Hochschulen auf eine einzige Zahl herunterzubrechen, ist abenteuerlich.

Einer, der keinen Grund hat, sich über Uni-Ranglisten zu nerven, ist Lino Guzzella, der abtretende Präsident der ETH Zürich. Denn die ETH rangiert immer ganz oben in den Rankings, nicht nur in der Schweiz, weltweit.

Im sogenannten QS World University Ranking von diesem Monat steht die ETH auf Platz sieben, gleich hinter Oxford und Cambridge. Spricht man Guzzella darauf an, reagiert er überraschend nüchtern: Rankings seien etwas mit dem die ETH «leben muss und versuchen muss, es zu verbessern».

Eine Frage der Methode

Denn in einigen Bereichen werde die ETH in diesen Rankings zu gut beurteilt, in anderen aber zu schlecht. In der Frage zum Beispiel, wie gut die Studierenden betreut werden.

Hier seien lange nur die Professoren als Betreuer gezählt worden, erklärt Guzzella, nicht aber die Oberassistentinnen und Doktorierenden, die dabei ebenfalls eine wichtige Rolle spielten. Gerade im Vergleich zu angelsächsischen Unis habe man deshalb eher zu schlecht abgeschnitten.

Internationale Unterschiede bei der Internationalität

Zu gut hingegen werde die ETH eingeschätzt, wenn es darum gehe, wie viele Studierende, Forscherinnen und Forscher sie aus dem Ausland anziehen könne.

Internationalität sei wichtig, sagt Guzzella, aber gibt zu bedenken: «Ist es fair, Universitäten danach zu beurteilen, wie international sie sind?» Die Schweiz sei als kleines Land gezwungen, international sein. «Eine grosse Nation wie die USA hingegen kann es sich erlauben, ihre Studierenden nur national zu rekrutieren.»

Bei Rankings sei also Vorsicht geboten, sagt der ETH-Präsident. Man müsse sich die Zahlen genau anschauen und vergleichen, um zu sehen, was sie wirklich wert sind.

Ein Mann mit verschränkten Armen.
Legende: «Mit Rankings müssen wir leben», sagt der abtretende ETH-Präsident Lino Guzzella. Keystone

Asien holt auf

Aber sobald die Methoden gut und die Zahlenreihen über mehrere Jahre erhoben worden seien, werde es interessant – insbesondere wenn man die Hochschulen weltweit vergleiche.

Die Aussage, die Lino Guzzella im aktuellen Bericht am meisten frappiert: «Die USA halten knapp ihre Position. Europa hat damit seine Mühe. Nur Asien holt auf – gewaltig schnell.» Woraus er den Schluss zieht, dass die Schweiz noch mehr Geld in die Bildung und die Forschung stecken müsse.

«Es gibt kein korrektes Rating»

Aber was sagen diejenigen, die für die Rankings verantwortlich sind, zum Vorwurf, dass sie zu stark vereinfachten und nur messen, was man messen kann?

Phil Baty ist der Herausgeber des einflussreichen «Times Higher Education»-Rankings. Es gebe kein perfektes, korrektes Ranking, gibt er freimütig zu.

Rankings hingen immer von subjektiven Bewertungen ab und von der Wahl, welche Messgrössen, man als wie wichtig erachte: «Viele Dinge, die Universitäten tun, kann man auch gar nicht messen.»

Wichtig, aber nicht messbar

Nicht messbar sei zum Beispiel wie eine Hochschulkarriere das Leben eines Menschen verändere, insbesondere wenn sie oder er aus einfachen Verhältnissen stamme. Oder wie erfüllt ein Abgänger in seinem Job sei.

Eine Studentin an der ETH Zürich.
Legende: Wie international, wie renommiert? Viele Hochschul-Anwärterinnen orientieren sich an Rankings. Keystone

Solche Dinge, die sehr zentral seien für jeden Einzelnen, sind laut Baty kaum zu bemessen. Wie viel jemand nach dem Studium verdient, das hingegen lässt sich leicht in einer Zahl festhalten. «Es ist also richtig, Rankings zu hinterfragen», sagt Baty, der vom Erstellen dieser Ranglisten lebt.

Genaues Bewerten ist gefragt

Das Abwägen aller Faktoren erfordere von ihm und seinem Team viel Subtilität, erklärt Baty. Bei der Messung der Internationalität, in der ETH-Präsident Guzzella ein Problem sieht, umgehe man etwa den Unterschied zwischen der kleinen Schweiz und dem grossen Amerika mit einem Trick: Der internationalen Anziehungskraft der Schweizer Hochschule messe man in der Gesamtbewertung einfach nur einen kleinen Wert bei, erklärt Baty.

Wird das neue Ranking publiziert, interessiere trotzdem meist nur eines: Wer gewinnt, wer steigt ab? «Am ersten Tag nach der Veröffentlichung besuchen zwei Millionen unsere Webseite, im Verlauf eines Jahres 30 Millionen.»

Geschäft als Berater

Diese Zugriffszahlen lassen sich mit Onlinewerbung zu Geld machen. Laut Baty ist das aber ökonomisch gesehen gar nicht so wichtig. Er zitiert einen Vorgesetzten: «Das Ranking ist ein Theater. Die Substanz sind die Zahlen hinter der Rangliste.»

Denn die Ranking-Macher haben über die letzten Jahre so viele Daten über die Hochschulen zusammengetragen, dass sie damit die Unis in strategischen Fragen beraten können. Das ist das Zukunftsgeschäft.

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