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«Bei Menschen mit Demenz ist der Instinkt gefragt»

Einen ganzen Drehtag lang ging «Puls»-Moderatorin Corinne Waldmeier während des Drehs zur Sondersendung über Demenzheime mit den dortigen Bewohnern der Einrichtung auf Tuchfühlung. Eine Erfahrung mit viel Stoff zum Nachdenken.

SRF: Waren Sie zum ersten Mal in einem speziellen Demenzheim, haben Sie es sich so vorgestellt?

Corinne Waldmeier: Nein, war ich noch nie, bislang war ich nur in «normalen» Altersheimen. Man weiss natürlich mittlerweile, was einen in etwa erwartet und kennt ja vielleicht auch schon den einen oder anderen dementen Menschen. Aber es ist dann noch einmal etwas ganz anderes, wirklich dort zu sein und einen ganzen Tag mitzuerleben. Da stellt sich dann schnell ein sehr naher Kontakt her, man erlebt unmittelbar mit.

War es schwierig, mit den Bewohnern in Kontakt zu treten?

Sich mit dementen Menschen auseinanderzusetzen bedingt, dass man das logische Denken beiseite legt und versucht, sich auf den Menschen einzulassen, auch wenn der zusammenhanglose Sachen sagt. Doch auch dann lassen sich einzelne Inhalte herauspicken, auf die man dann eingehen kann, um eine Art Gespräch zu führen. Es bringt ganz sicher nichts, auf einem logischen Gespräch im klassischen Sinne zu bestehen.

Wie haben die Bewohner auf den ungewohnten Trubel während des Drehtags reagiert?

Das Pflegepersonal hat gesagt, sie alle hätten einen erstaunlich guten Tag gehabt. Vielleicht fanden die Bewohner die erhöhte Aufmerksamkeit und die Betriebsamkeit ja ganz angenehm. Dazu muss man sagen: Wir sind dort mit Minimalstbesetzung hin. Wir waren nur zu dritt: ein Produzent, der auch mit einer kleinen Kamera gefilmt hat, die zuständige Redaktorin und ich. Also keine Beleuchter, Tonleute etc. Wir waren somit recht diskret und wurden vielleicht eher wie ganz normale Besucher empfunden.

Gerade wenn man nicht täglich mit Dementen zu tun hat, kann der Kontakt manchmal auch verunsichern oder sogar beklemmen. Haben Sie sich auch mal unwohl gefühlt?

Ich habe mich grundsätzlich wohl gefühlt. Das Klima dort fand ich sehr wohnlich, wie zu Hause, eher wie in einem Wohnzimmer. Wir haben beim Dreh aber auch bewusst die Pflege und die intimen Details des Tagesablaufs weggelassen. Die Bewohner können dazu ja nicht mehr ihre Einwilligung geben, und es geht dabei auch um Würde und Respekt. Hätten wir solche Aufnahmen gedreht, hätte es sicher einige Situationen gegeben, die für mich schwierig gewesen wären.

Video
«Puls vor Ort» im Demenzheim
Aus Puls vom 15.12.2014.
abspielen. Laufzeit 39 Minuten 2 Sekunden.

Was hat Sie besonders beeindruckt an der Arbeit des Personals?

Die grosse Geduld. Es kommt zwar etwas zurück, aber man gibt sehr viel. Wenn die Bewohner einen guten Tag haben, geht alles – aber das kann ja auch einmal ganz anders sein. Dann werden die Bewohner vielleicht aggressiv oder einfach schwierig im Umgang. Auch in solchen Situationen ruhig und geduldig zu bleiben, davor haben ich sehr grossen Respekt.

Vielfach kann man die Bewohner ja selbst nicht mehr danach fragen, aber was würden Sie nach Ihren Eindrücken dazu sagen: Leben die Bewohner noch ein glückliches Leben?

Das ist tatsächlich eine schwierige Frage, die ich mir auch gestellt habe. Denn die Frage, die in einem guten Demenzheim immer im Raum steht, ist: Was wollen diese Menschen, was tut ihnen gut, wie geht es ihnen? Da ist viel Instinkt gefragt. Man kann nur versuchen, anhand von Reaktionen und Feedback herausfinden, ob das richtig ist, was man tut. Grundsätzlich denke ich: Wenn man den Menschen mit dem Herzen begegnet und sich um sie kümmert, kann das nicht verkehrt sein.

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