Die Mammografie – also das Röntgen der Brust – ist heute die wichtigste Methode, um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen. Sie ist allerdings umstritten, da nicht alle Krebsarten entdeckt werden können und es auch immer wieder zu falsch positiven Ergebnissen mit unnötigen Folgeuntersuchungen kommt.
Die Röntgenbilder stellen Radiologen immer wieder vor Probleme. Ist das Brustdrüsengewebe der Frau dicht, ist eine Beurteilung der Aufnahmen schwierig. «In sehr dichtem Drüsengewebe könnte sich ein kleiner Tumor verstecken, den man übersehen könnte, wenn man nur die Mammografie macht», erklärt Andreas Boss, Radiologe vom Universitätsspital Zürich. Nicht nur das Drüsengewebe wird auf dem Röntgenbild der Mammografie weiss dargestellt, auch bösartige Wucherungen zeigen die selbe Färbung.
Auch der Ultraschall hat Schwächen
Sind die Spezialisten unsicher, greifen sie anschliessend noch zum Ultraschall. Aber auch diese Methode kommt an ihre Grenzen, weiss Laura Knabben, Frauenärztin am Inselspital Bern:
Der Ultraschall ist stark untersucherabhängig, das heisst man braucht sehr viel Erfahrung damit und die Methode selbst ist wenig standardisiert.
Die Frauenärztin hat schon Patientinnen betreut, bei denen weder die Mammografie, noch der Ultraschall den Brustkrebs gefunden hat. «So gesehen denke ich, dass es gut und nötig ist, wenn nach neuen Techniken gesucht wird», ist sie überzeugt.
Idee für eine neue Technik
Hilfe könnte aus den Labors der ETH kommen: Dort tüfteln Forscher der Abteilung für computergestützte Anwendungen in der Medizin an einer neuen Technologie. Sie wollen das Ultraschallverfahren verbessern und damit Veränderungen im Gewebe besser sichtbar machen. Die bildliche Darstellung soll kontrastreicher und farbiger werden – weg von den Grautönen, hin zu einer farbigen Darstellung. Je bösartiger eine Geschwulst ist, desto knalliger soll sie künftig abgebildet werden. Orçun Göksel, Leiter der Abteilung, erklärt die Idee:
Krebs oder Wucherungen des Bindegewebes machen das Gewebe immer fester. Und je fester das Gewebe ist, desto schneller gehen die Ultraschallwellen durch.
Anders als beim herkömmlichen Ultraschall messen die ETH-Forscher deshalb nicht die Intensität mit der die Ultraschallwellen reflektiert und gestreut werden, sondern die Zeit, die der Schall auf dem Weg durch das Gewebe braucht. «Sound of Speed» nennen die ETH-Forscher ihre Innovation.
Auch Spezialisten sehen im neuen Verfahren Potenzial. So auch der Radiologe Thomas Frauenfelder vom Universitätsspital Zürich:
Wir unterteilen die Läsionen schon heute in verschiedene Stufen. Aber es existiert ein gewisses Kollektiv, das wir nicht exakt in eine gutartige oder bösartige Geschwulst einordnen können. Wir hoffen, dass sich diese Einteilung mit der neuen Methode verbessern liesse.
Klinische Tests sind gefragt
Ist man unsicher, folgt zur Sicherheit oft eine Biopsie. In rund zehn Prozent der Fälle stellt sich die Gewebeprobe aber als gutartig heraus. «Man hat dann also einen falsch positiven Befund biopsiert», gibt Radiologe Andreas Boss zu bedenken. «Eine Hoffnung wäre also, dass diese Technologie praktisch die falsch positiven Befunde reduzieren könnte und damit auch die unnötigen Biopsien.»
Das ETH-Verfahren wurde mittlerweile an zehn echten Patientinnen getestet. Die Resultate sind vielversprechend. Jetzt bräuchte es einen Prototyp für den Einsatz an verschiedenen Patientengruppen in Brustzentren und Spitälern. «Vielleicht kann die Methode irgendwann einmal die heutigen Diagnose-Geräte ersetzen», hofft ETH-Forscher Orçun Göksel, «aber da liegt noch ein langer Weg vor uns. Die Technologie muss sich zuerst bezüglich Auflösung und Kontrast bewähren und auch in der Anwendung im Alltag an Patientinnen. Und sie muss zeigen, dass sie einen echten Zusatznutzen bringt.»
Die Mammografie verdrängen wird das neue Ultraschallverfahren aber nicht: Nur mit ihr lässt sich Mikrokalk in der Brust finden. Die kleinsten Veränderungen an den Drüsen gelten als Vorstufen von Brustkrebs und diese erkennt kein Ultraschall.